Zweifelhafter Preis

BITBURG. (har) Mehr Gerechtigkeit bei der Finanzierung des Gesundheitswesens ist laut Andrea Nahles Ziel der Bürgerversicherung. Für dieses Projekt warb sie beim Parteitag der SPD Bitburg-Prüm.

 Schnute: Andrea Nahles wurde zur "Blockiererin des Jahres" gewählt - und auch in Sachen Bürgerversicherung läuft es nicht nach ihren Plänen. In Bitburg gab sie sich trotzdem kämpferisch.Foto: Harald Jansen

Schnute: Andrea Nahles wurde zur "Blockiererin des Jahres" gewählt - und auch in Sachen Bürgerversicherung läuft es nicht nach ihren Plänen. In Bitburg gab sie sich trotzdem kämpferisch.Foto: Harald Jansen

Ein zweifelhaften Preis habe sie gerade erhalten, sagt SPD-Politikerin Andrea Nahles zu Beginn ihres Vortrags beim SPD-Parteitag in Bitburg. Die 34-Jährige aus dem Kreis Mayen-Koblenz wurde laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur Blockiererin des Jahres gewählt. Doch das ficht die Befürworterin einer Bürgerversicherung nicht an. Sie hält die geplante Reform der Finanzierung des Gesundheitswesens für die einzig vernünftige Lösung. Nicht zuletzt, weil ihrer Meinung nach der CDU-Kompromiss bei der Kopfpauschale nicht realistisch ist. Und überhaupt: Die von der nicht gerade als Sozialdemokratie-freundlich bekannten Zeitung aus der Main-Metropole und der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (NSM) veranstalteten Umfrage hält sie für nicht sehr aussagekräftig. Schließlich seien in der NSM 16 regionale Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie organisiert. "Da wundert es mich nicht, dass die mich nicht mögen", sagt Nahles, die vom täglichen Werben für ihr Projekt heiser ist. "Da stimmt das Feindbild", sagt die Streiterin für ihre Ideen, die auch schon einmal zu Kraftausdrücken greift, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen. Nahles will im Gegensatz zur Kopfpauschale die Menschen entsprechend ihres Einkommens zur Kasse bitten. "Die Kopfpauschale bedeutet, das 39 Millionen Menschen finanzielle Hilfe brauchen, um ihre rund 109 Euro monatlich zu zahlen", sagt die Politikerin aus Weiler. Diese Aussicht hält sie für wenig erstrebenswert, und sie kann deshalb "Horst Seehofer gut verstehen, wenn er da nicht mitmacht". Sie glaubt, dass mit dem CDU-Modell die gesetzliche Krankenversicherung zu "Rudis-Reste-Rampe" verkommt, da dann die "freiwillig Versicherten schön blöd wären, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben würden". Geht es nach dem Willen ihrer Kommission, die sie nach dem verfehlten Wiedereinzug in den Bundestag übernahm, dann gibt es bald keinen großen Unterschied mehr zwischen gesetzlicher und privater Versicherung. Übrigens ein System, dass es laut Nahles auf der ganzen Welt nur noch in Chile so gibt. Die Politik ist aber noch nicht soweit, wie Nahles es sich wünscht. Just, während sie in Bitburg über die Bürgerversicherung referierte, machte SPD-Chef Franz Müntefering in Berlin deutlich, dass man erst nach der Bundestagswahl 2006 in die Gesetzgebung einsteigen wolle. Auf die Frage eines Genossen, wann die Bürgerversicherung komme, muss Nahles denn auch passen. Deshalb wird sie wohl weiter werbend über die Lande ziehen und den ein oder anderen zweifelhaften Preis einheimsen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort