Zwischen alten Kesseln und frischem Staub

Die Reise durch Jan Niewodniczanskis Bitburg ist eine Reise durch die Brauerei. Unsere Reporterin hat mit ihm auf der größten Baustelle Bitburgs einen Blick in Vergangenheit und Zukunft geworfen.

 Zwischen gestern und morgen: Jan Niewodniczanski beim Besuch der Brauerei-Baustelle. TV-Foto: Katharina Hammermann

Zwischen gestern und morgen: Jan Niewodniczanski beim Besuch der Brauerei-Baustelle. TV-Foto: Katharina Hammermann

Bitburg. Den Blick in die Vergangenheit gerichtet steigt er über Kabel, weicht verstreut stehenden Baugerüsten aus, erzählt, lacht und ignoriert, dass seine eleganten Lederschuhe sich vom Baustellenstaub allmählich grau färben. Er ist groß, gutaussehend, welterfahren. Es wäre ein Leichtes, sich ihn als Hauptrolle in einem Bier-Werbespot vorzustellen. Lässig am Tresen lehnend, vor sich ein kühles Bit. Wenn nicht schon Axel Simon diese Aufgabe übernommen hätte. Jan Niewodniczanski ist einer der Geschäftsführer der Bitburger Brauerei, zuständig für den Bereich Technik und Nachfahre des Unternehmens-Gründers in der siebten Generation.

Geboren in Bitburg und aufgewachsen in Polen, ist er Anfang der 70er Jahre mit seiner Familie zurückgekommen - und genau diese Zeit hat er vor Augen, als er die nigelnagelneue Treppe emporsteigt, um dem TV "sein Bitburg" zu zeigen. Die Treppe führt zum zukünftigen Herzstück der Bitburger Markenerlebniswelt und dem ehemaligen Herzstück der Brauerei: Dem alten Sudhaus mit seinen kupfernen Kesseln. Dort habe sich die Belegschaft früher zu Weihnachtsfeiern versammelt, sagt er und zeigt auf die derzeit in Plastikfolie gehüllten Kessel und dann auf ein altes Bild. Es zeigt etwa 100 Menschen, die für das Gruppenfoto recht steif in dem gekachelten Raum stehen.

Noch immer liefen die Weihnachtsfeiern ähnlich wie früher: feierlich mit dem Brauerei-Chor. "Damals, das waren glorreiche Jahre", sagt er. Enorme Wachstumsraten, faszinierende Investitionen. Richtung Kessel schauend, denkt er an die Zeit, als man entschied, "in Süd" eine neue Braustätte zu bauen, die über eine Pipeline mit der Braustätte im Norden der Stadt verbunden war.

Die geschwungene Treppe, die vom Sudhaus jahrzehntelang in das Stockwerk darüber führte, endet inzwischen im Nichts. Vor einer Wand, hinter der nun eines der brandneuen Großraumbüros liegt. Also geht die Reise durch das "Brauerei-Bitburg" unten weiter. "Als Kinder durften wir hier nie reingehen", sagt Niewodniczanski, bleibt abrupt stehen und blickt zwischen Baugerüsten nach oben. "Das hier wird das Highlight der Markenwelt, die Genießerlounge, ein Augenschmaus", sagt er.

Über Kabel steigend, geht er weiter Richtung "alte Schlosserei" und erinnert sich an die Werkstätten, in denen er ein Praktikum gemacht hat und an Leni Müller, seine Meisterin. "Hut ab, sich in den 1970er und 80er Jahren in dem Beruf als Frau durchzusetzen." Während er bei ihr Fräsen, Drehen und Feilen lernte, wollte er noch Maschinenbau studieren. Erst später wurde er überredet, sich doch der Braukunst zu widmen.

Um sich in den Ferien Geld zu verdienen, kehrte er immer wieder in die Brauerei zurück. In Süd habe er am Gär- und Lagerkeller mitgemauert.

Nach seinem Studium zog es ihn ins Ausland. Zuletzt nach Südafrika, wo er bei einer großen Brauerei arbeitete. Dort lernte er seine Frau kennen. 2006 zogen sie nach Bitburg.

"Und plötzlich trifft man jemanden von früher und weiß gar nicht, wo die ganzen Jahre hin sind." Mal sind es Schulkameraden, alte Bekannte aus dem Kesselhaus, mal jemand, mit dem er in Bitburg Eishockey gespielt hat. Wieder hält er im Gehen inne. Er blickt über die Straße Richtung Kontor. Dort habe sein Vater die Kartensammlung gehabt, wo er jede freie Minute verbrachte. "Abends brannte dort lange das Licht", sagt er, den Blick in die Vergangenheit gerichtet an einem Ort voller Baustaub, der wie kein anderer der Stadt in Richtung Zukunft weist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort