Zwölf Stücke und Klaviere im Gepäck

Mettendorf/Luxemburg · Der Pianist und Komponist David Ianni geht auf Musik-Reise. Er will in zwölf europäischen Kulturhauptstädten an öffentlichen Orten Klavier spielen. Jeder Stadt widmet er ein eigenes Stück. Ein Filmteam begleitet ihn dabei.

 David Ianni spielt gerne an ungewöhnlichen Orten – so wie hier in einem Zug in Luxemburg (Foto oben) und am Luxemburger Bahnhof (Fotos unten). Das ist auch in seinem neuen Video zu sehen. Foto: Jeanine Unsen (1), Dan Schank (2)

David Ianni spielt gerne an ungewöhnlichen Orten – so wie hier in einem Zug in Luxemburg (Foto oben) und am Luxemburger Bahnhof (Fotos unten). Das ist auch in seinem neuen Video zu sehen. Foto: Jeanine Unsen (1), Dan Schank (2)

Foto: (e_eifel )

Mettendorf/Luxemburg Ein Mann, schwarz gekleidet, weiße Schuhe, mit einem Rucksack auf dem Rücken, hastet den Bahnhof entlang. Ob er den Zug noch bekommt? Hektisch schlägt er mit der flachen Hand auf den Knopf - die Tür öffnet sich. Im Abteil angekommen, setzt er sich hin, lehnt den Kopf ans Fenster und schließt die Augen. Er träumt. Dann nimmt er die Musik wahr. Da spielt doch jemand Klavier. Im Zug? Er geht gucken. Wer spielt da? Doch er kann es nicht erkennen, die Menschen nehmen ihm die Sicht.
Der Mann im Videoclip ist der Pianist und Komponist David Ianni. Der gebürtige Luxemburger lebt seit zwei Jahren mit seiner Familie in Mettendorf, Eifelkreis Bitburg-Prüm. 2016 hatte er im Rahmen der Aktion "My Urban Piano" (siehe Extra) in Luxemburg seiner Mutter zum Muttertag ein Stück gewidmet und es an den vielen in der Stadt aufgestellten Klavieren gespielt. Ein Freund hat daraus ein Muskvideo gemacht, das auf Facebook veröffentlicht wurde. "Der Clip wurde allein an einem Wochenende 25 000 Mal geklickt", sagt David Ianni.
Angespornt von diesem Erfolg, kam ihm die Idee zu einem neuen, größeren, europäischen Projekt. "My Urban Piano" ist das perfekte Werkzeug, um meine Musik in die Welt zu tragen", überlegte er sich. Deshalb möchte er mit seiner Musik auf Reisen gehen. "Wir wollen zwölf europäische Kulturhauptstädte besuchen und dort an ungewöhnlichen, öffentlichen Orten an speziell gestalteten Klavieren spielen, um die Menschen für meine Musik zu begeistern."
Das erste Video drehten die beiden Regisseure James Chan-A-Sue und Vito Labalestra. Start des Projekts war in der Stadt Luxemburg.
Und wie geht man auf Reisen? Zum Beispiel mit dem Zug. Das erste Musikvideo wurde also am Hauptstadt-Bahnhof gedreht. Ianni ist begeistert über die große Unterstützung, die ihm von Seiten der Luxemburger Bahngesellschaft CFL zuteil wurde. "Die haben uns für den ganzen Tag einen Zug zur Verfügung gestellt. Außerdem haben sie extra Gleis eins für uns frei gehalten und dafür alle Züge umgeleitet", erzählt der Musiker begeistert.
Für jede Stadt gibt es eine eigene Komposition. Die für Luxemburg heißt "Train of Dreams" - ein rasantes Stück. Für Ianni schließen sich Modernität und Qualität bei der Musik nicht zwangsläufig voneinander aus: "Ich möchte, dass meine Musik auch verständlich ist für diejenigen, die bisher absolut nichts mit Klassik zu tun hatten. Ohne dabei jedoch auf eine gewisse Raffinesse für die Kenner zu verzichten." So hat er sich für die erste Komposition etwas Spezielles einfallen lassen. Wer sie kennt und genau hinhört, wird in dem Stück die Melodie der luxemburgischen Nationalhymne raushören, verrät er. Auch das luxemburgische Außenministerium ist begeistert von Iannis Idee. Für ihren musikalischen Botschafter entwerfen sie sogar einen eigenen Klavierstuhl, der fortan mit dem Pianisten auf Reisen gehen wird. "Ich bin stolz, meine Heimat im Ausland zu vertreten", sagt der gebürtige Luxemburger. Unterstützung gab es auch vom luxemburgischen Kulturministerium und Marcus Hübner vom Pianohaus Hübner aus Trier, der ein Klavier spendet für den zweiten Auftritt.
"Wir werden für jede Stadt, in der wir ein Video drehen, ein Klavier künstlerisch gestalten und es nach dem Dreh einer sozialen Einrichtung spenden", sagt der 37-Jährige. Zum Abschluss plant er ein großes Konzert, dort, wo alles begonnen hat: in Luxemburg oder in Esch/Alzette - der zweiten Station seiner Reise. Dort ging er zur Schule und ins Musikkonservatorium. "Esch/Alzette ist Anwärter auf die Kulturhauptstadt 2022. Ich liebe diese Region und wollte da unbedingt noch spielen, bevor ich den großen Sprung ins Ausland mache", sagt Ianni. Das Stück für Esch-Alzette heißt passenderweise "Heartland" und wird eher eine Ballade sein.
Von seiner Reise wird es Mitbringsel geben. "Von meinen Auftritten in jeder Stadt wird ein Musikvideo gedreht - wie man es aus der Popmusik kennt. Das stellen wir in die sozialen Netzwerke. Sein Ziel sei es, das Image der Klassik zu verändern, komplett auszubrechen und Hemmschwellen abzubauen. "Man muss kein Experte sein, um klassische Musik zu verstehen." Doch zuvor heißt es "Aktion", "Klappe" und "Film ab".
Das Video vom ersten Auftritt in Luxemburg sehen Sie unter
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Die Single "Train of Dreams" gibt es bei iTunes.

Extra: MY URBAN PIANO


Die Aktion "My Urban Piano Luxembourg" ist eine jährlich in Luxemburg-Stadt stattfindende Initiative zum Mitmachen. Dabei werden mehr als ein Dutzend von Künstlern gestaltete Klaviere in der ganzen Stadt aufgestellt, um die Menschen zum Musizieren zu motivieren. Ähnliche Projekte gibt es auch in anderen Hauptstädten auf der ganzen Welt.Extra: ZUR PERSON

Zwölf Stücke und Klaviere im Gepäck
Foto: (e_eifel )
Zwölf Stücke und Klaviere im Gepäck
Foto: (e_eifel )


Die musikalische Karriere des luxemburgischen Pianisten David Ianni (geboren 1979) beginnt bereits in jungen Jahren. Mit 16 debütiert er mit Franz Liszts Zweitem Klavierkonzert. Er studiert in Luxemburg, Großbritannien und den Niederlanden. Im Jahr 2005 lernt er das Stift Heiligenkreuz im Wienerwald kennen und lebt dort mehrere Monate mit den Mönchen zusammen. Dort wächst David Iannis Liebe zum gregorianischen Choral, der fortan zu einem festen Bestandteil seiner Musik wird. Für zwei CD-Einspielungen mit den Mönchen des Stiftes Heiligenkreuz komponiert und spielt er die Klavierbegleitung. Für diese Zusammenarbeit bekam er in Österreich die Platinauszeichnung.

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