Wahlanalyse: Inseln im schwarzen Meer

Eifel · Wo hat die AfD 30 Prozent geholt und die CDU alle Wähler verloren? Zahlen, Daten, Fakten zur Bundestagswahl im Eifelkreis.

Wahlanalyse: Inseln im schwarzen Meer
Foto: Fritz-Peter Linden

CDU:

Die Eifel wählt schwarz. Das hat Tradition. Wenig überraschend ist die Union die stärkste Partei im Eifelkreis Bitburg-Prüm geworden. Allerdings hat sie nur 43,9 Prozent der Stimmen geholt. Das ist gegenüber der Bundestagswahl 2013 nicht nur ein Verlust von 7,6 Prozentpunkten, sondern auch eines der schlechtesten Ergebnisse, das die Christdemokraten hierzulande jemals erzielt haben.
Deutschlandweit ist die CDU eine der größten Verlierer der Wahl. Dieser Trend wirkt sich auf die Eifel aus. Allerdings nicht so stark, wie andernorts: Im Durchschnitt hat die Union rund um Bitburg und Prüm sogar ein Prozent mehr bekommen als im Rest der Republik.

Überblick: In Bitburg hat die CDU im Vergleich mit 2013 etwa 230 Wähler, somit 8,4 Prozentpunkte, verloren. Betrachtet man alle Verbandsgemeinden im Eifelkreis, fahren die Konservativen in der kreisfreien Stadt das schwächste Ergebnis ein. Aber auch in den VGs Speicher und Bitburger Land konnte die Partei nur etwa 42 Prozent auf sich vereinen. Kreisweit lief es für die Christdemokraten in der VG Arzfeld (49,7%) am Besten. Das könnte damit zusammenhängen, dass Direktkandidat Patrick Schnieder hier wohnt. In seiner Heimat-VG konnte er schließlich auch die meisten Zweitstimmen gewinnen.

Ausreißer: Im kleinen Dorf Burg in der Südeifel hat die CDU bei der Wahl 2013 noch 100 Prozent der Stimmen erhalten. Auch 2017 bleibt der 26-Seelen-Ort DIE Hochburg der Christdemokraten. Diesmal reichte es aber nur für 81,8 Prozent. Der Grund: Vier Burgener haben kein Vertrauen mehr in die Partei. Zwei haben für die FDP gestimmt, zwei für die SPD. Das bedeutet in dem kleinen Dorf für die CDU einen Verlust von 18,2 Prozentpunkten. Auch die 15 Einwohner von Keppeshausen haben bei der Bundestagswahl 2013 tiefschwarz gewählt. Am Sonntag hat die CDU hier die größten Verluste einstecken müssen: nämlich alle Stimmen. Keppeshausen wurde vom Dorf der CDU-Wähler zum Dorf der Nichtwähler.

SPD:

Sozialdemokraten haben es in der Eifel seit jeher schwer. Im Vergleich zur Wahl 2013 haben die Genossen aber nur 0,6 Prozentpunkte eingebüßt. Das ist erstaunlich, hat die Partei am 24. September doch das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik hingelegt. Mit 23,3 Prozent steht die älteste Partei Deutschlands in der Eifel aber immer noch etwas schlechter da als im Bundesdurchschnitt.

Überblick: Rote Wähler gibt es vor allem in der VG Speicher (29,9%) und - wenig überraschend - im Bitburger Land (29,6%). Die hohe Zustimmung dort ist vermutlich mit der Popularität des sozialdemokratischen VG-Bürgermeisters Josef Junk zu erklären. Die SPD konnte hier im Vergleich zu 2013 sogar drei Prozentpunkte zulegen.

Noch mehr Zuwachs gibt es nur in der Südeifel (4%). Auch dort kommt die SPD den 30 nahe (29,3%).

Die wenigsten SPD-Wähler gibt es in der VG Arzfeld (21,2%). Ein Spiegelbild der CDU-Ergebnisse: Patrick Schnieder scheint die Arzfelder zu überzeugen. Allerdings war er dort auch Bürgermeister und wohnt in der Verbandsgemeinde.

Ausreißer: Im Gegensatz zur CDU musste die SPD in manchen Gegenden einstellige Ergebnisse verschmerzen. Das war aber schon 2013 so. In den beiden Südeifel-Dörfern Ammeldingen und Scheuern traut man den Sozialdemokraten traditionell gar nichts zu. Hier gab es wieder 0 Stimmen.

Auch in Masthorn (2,6%), Oberstedem (5,6%) und Winringen (5,9%) wurden die Genossen abgestraft.

In den Orten Heckhuscheid und Oberlauch sieht es auf den ersten Blick kaum besser aus (beide 7 Prozent). Aber hier konnte die SPD im Vergleich zu 2013 sogar Prozentpunkte herausschlagen.

Auch wenn die Sozialdemokraten es nirgendwo über die 50-Prozent-Marke geschafft haben, gibt es doch rote Inseln im schwarzen Meer. Sie sind ohne Muster über den Kreis verteilt. Da wären zum Beispiel Nasingen in der Südeifel (46,2%) sowie Stockem (47,2%) und Enzen (47,4%) im Bitburger Land. Kurios: Das beste Ergebnis für die Roten gab es in Niederlauch (48%) und eines der schlechtesten in der Nachbargemeinde Oberlauch (7,1%).

FDP:

Die Liberalen sind die größten Gewinner im Eifelkreis. Sie sind nicht nur bundesweit im Aufwind sondern haben auch in der Region 3,9 Prozentpunkte hinzugewonnen. Das macht sie mit 10,1 Prozent der Zweitstimmen zur drittstärksten Partei in der Eifel.

Überblick: Die FDP erreicht in allen Verbandsgemeinden mehr als 9 Prozent der Stimmen. Am stärksten sind die Ergebnisse in der Stadt Bitburg (11%) und der VG Prüm (10,6%). Der Zuwachs in allen Gegenden liegt stabil zwischen 3,6 und 4,1 Prozentpunkten.

Ausreißer: Auffällig ist, dass die FDP es in einigen Orten aus dem Stand geschafft hat, hohe Ergebnisse zu erzielen. Von 0 auf 26,3 Prozent ging es zum Beispiel in Enzen im Bitburger Land, in Sevenig bei Neuerburg von 0 auf 19,6 Prozent.

In Birtlingen konnten die Liberaldemokraten ihren Wähleranteil von 5,6 auf 21,1 Prozent ausbauen. Ähnlich sieht es in Ammeldingen an der Our und Plascheid aus. In den Gemeinden der VG Speicher gibt es nicht so viel Zuwachs für die FDP. Das könnte daran liegen, dass sich in dieser Region kein einziges Windrad dreht. Die Liberalen werden auf dem Land vor allem von Windkraftgegnern gewählt.

Die Grünen:

Für die Grünen bleibt im Eifelkreis Bitburg-Prüm alles mehr oder weniger gleich. Sie machen ein Plus von 0,1 Prozentpunkten und landen insgesamt bei 6,4.

Überblick: Auch eine Betrachtung der Verbandsgemeinden fördert wenig Überraschendes zutage. In keiner Verbandsgemeinde hat die Umweltpartei massiv Stimmen gewonnen oder verloren. Eine kleine Schlappe gab es in Bitburg (0,8 Prozentpunkte Verlust seit 2013).

Ausreißer: Die Grünen haben einige Nullnummern hingelegt. In Hamm, Etteldorf, Matzerath und Neuendorf, sowie in Affler, Bauler und Gemünd haben sie keine einzige Stimme bekommen. Aber das sah auch 2013 nicht anders aus. Die Verluste halten sich also in Grenzen. Aber etwas hat sich doch geändert: Niederweiler ist nicht mehr der "grünste Ort" im Kreis. Hier hat die Ökopartei fast die Hälfte der Stimmen verloren. Jetzt liegt sie bei 15,4. Für das Bündnis 90 bleibt das kreisweit immer noch eines der besten Ergebnisse.

Abgelöst wurde Niederweiler von der Gemeinde Heilbach in der Südeifel (26,9%). In dem 140-Seelen-Ort konnten die Grünen 14,8 Prozentpunkte zulegen.

Die Linke:

Auch die Linke konnte in der Eifel ein paar Prozentpunkte gutmachen. Insgesamt landeten bei der Nachfolgepartei der PDS 5,5 Prozent der Stimmen. Das sind 1,4 mehr als 2013. Die Linke bleibt trotzdem die schwächste Partei im Kreis.

Überblick: Der Wähleranteil der Linken bewegt sich in allen VGs zwischen 5,1 und 5,7 Prozent der Stimmen. Nur in Bitburg gab es 6,8 Prozent. Tendenziell steht die Partei in Städten immer besser da als auf dem Land. In Speicher (7,6%) und Prüm (7%) schnitt sie daher auch vergleichsweise gut ab.

Ausreißer: Die Linke scheint vor allem dort zu gewinnen, wo Grüne und SPD verlieren - zum Beispiel in der einstigen Grünenbastion Niederweiler im Bitburger Land. Hier konnten die Linken der Ökopartei 5,9 Prozentpunkte abluchsen. Ähnliches sagt die Statistik über die beiden Orte Scharfbillig und Etteldorf aus.

Aber es kann auch andersrum laufen. In Usch, nahe Kyllburg, haben Grüne und Sozialdemokraten dazugewonnen. Die Folge: Die Linke büßt 13,7 Prozentpunkte ein. Dabei war Usch 2013 noch die größte Hochburg der Partei. Heute ist es Scheitenkorb in der Südeifel. Hier hat die Linke rund ein Viertel aller Stimmen geholt - also 12.

AfD:

Das gute Ergebnis der AfD bei der Bundestagswahl hat so manchen schockiert (12,6%). Im Eifelkreis haben allerdings nur 7,4 Prozent der Wähler für die Rechtspopulisten gestimmt. Aber immerhin: 4 Prozentpunkte mehr als 2013.

Überblick: Ähnlich wie die Linke ist die AfD in den Städten am stärksten. In Bitburg hat sie rund 8,7 Prozent der Wähler erreicht, in Prüm 7 und in Speicher sogar 12,7 Prozent. Aus Umfragen wissen wir, dass die Rechtspopulisten in strukturschwachen Regionen punkten - dazu zählt die Verbandsgemeinde und insbesondere die Stadt Speicher.
Die wenigsten Stimmen hat die Partei in der VG Arzfeld bekommen (4%). Das könnte daran liegen, dass Schnieder es hier schafft, konservative Wähler an die CDU zu binden.

Ausreißer: Den Höchstwert von 31,6 Prozent erreicht die Alternative für Deutschland im 50-Seelen-Ort Birtlingen. Viele Stimmen gab's aber auch in Auw an der Kyll in der Verbandsgemeinde Speicher (21,2%). Das entspricht etwa 25 Einwohnern.

Sonst bleibt der Wähleranteil der Rechtspopulisten kreisweit unter 20 Prozent. Zweistellige Ergebnisse sind die Ausnahme.

Hintergrund: SONSTIGES UND TRIVIA:

Die Wahlbeteiligung hat sich im Vergleich zu 2013 im Eifelkreis um 4,5 Prozenpunkte erhöht. Es ist kein Zufall, dass die AfD etwa genauso viele Stimmen dazugewonnen hat (4%). Die Rechtspopulisten schaffen es wie keine andere Partei Nichtwähler zu mobilisieren - auch im Eifelkreis.

Die Zahl der ungültigen Stimmen hat sich im Vergleich zu 2013 kaum merklich verändert. Die meisten Fehler beim Ausfüllen der Wahlzettel haben laut Statistik die Prümer gemacht (2%). Das üben wir nochmal!

Die sogenannten "sonstigen" Parteien gehören ebenfalls zu den Verlierern der Bundestagswahl. Die Freien Wähler haben etwa ein Viertel ihrer Stimmen verloren (0,5%).

Ebenso sieht es bei der NPD aus. Nur 0,2 Prozent hat die rechtsradikale Partei im Eifelkreis erhalten. Noch mehr mussten nur die Piraten verschmerzen (1,4%).

Für "Die Partei" haben sich 413 Spaßvögel entschieden. Die Satiriker bleiben damit stabil bei 0,8 Prozent.

Die wenigsten Stimmen konnte die MLPD , die marxistisch-leninistische Partei Deutschlands, auf sich vereinen. 11 Personen haben die Kommunisten gewählt. Das sind immerhin drei mehr als 2013.

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