Eklat im Rat: Grüne und SPD verlassen Sitzung

Bitburg · Das gab es im Bitburger Stadtrat noch nie: Zwei Fraktionen, Grüne und SPD, haben die Ratssitzung aus Protest verlassen. Der Grund: Ein Antrag der Grünen, die über die Auflösung der Flugplatz GmbH verhandeln wollten, wurde von der Tagesordnung abgesetzt.

Bitburg. "Irgendwelche Ergänzungen oder Änderungsvorschläge zur Tagesordnung?": Die Standardfrage von Bürgermeister Joachim Kandels zu Beginn jeder Ratssitzung sorgt gewöhnlich nicht für Sprengstoff. Doch das war am Donnerstagabend anders. Peter Wagner (CDU) forderte, den Antrag der Grünen von der Tagesordnung abzusetzen. Die Grünen hatten die Auflösung der Flugplatz GmbH beantragt, nachdem das Projekt von Frank Lamparski, der den Flugplatz zum Industrie- und Frachtflughafen ausbauen wollte, gescheitert ist.
"Die Auflösung der GmbH liegt nicht in unserem Zuständigkeitsbereich", sagte Wagner und argumentierte, dass es sinnvoll sei, erst auf Basis einer breiteren Informationslage das Für und Wider eines Ausstiegs der Stadt aus der GmbH zu diskutieren.
Stephan Garçon (SPD) wollte einen Gegenantrag stellen, doch Kandels verwies darauf, dass zunächst über den der CDU abzustimmen sei. Ergebnis: Bei sieben Gegenstimmen (Grüne, SPD sowie je eine von FBL und Liste Streit) flog der Flugplatz von der Tagesordnung. Empört erhob sich Garçon: "Das hätte man im Ältestenrat abstimmen können, aber nicht jetzt, vor der Sitzung." Mit Parteikollegin Sigrid Steffen sowie den drei Grünen verließ Garçon den Saal: "Dann macht doch alles allein", sagte er noch, dann fiel die Tür ins Schloss.
Fortan marschierten CDU, Liste Streit, FBL und FDP allein durchs Programm (siehe Extra). Auch für die Gehaltserhöhung des Bürgermeisters um rund 200 Euro monatlich gab es im Rat eine deutliche Mehrheit. Verärgert waren einige darüber, dass der TV aus der nichtöffentlichen Sitzung des Hauptausschusses berichtet hatte, in der die Gehaltserhöhung des Bürgermeisters zuvor mit knappem Votum abgeschmettert worden war.
"Lässt sich das nicht verhindern, dass Informationen aus nichtöffentlichen Sitzungen überhaupt an die Presse kommen?", fragte Hans Jürgen Götte (FDP). Beigeordneter Hermann Josef Jutz (FBL), der die Leitung zu diesem Thema übernommen hatte, verwies auf die Pflicht zur Verschwiegenheit aller Rats- und Ausschussmitglieder bei nichtöffentlichen Sitzungen. "Die Verschwiegenheit der Mitglieder ist eine Sache, die Verantwortung der Presse eine andere", sagte darauf Agnes Hackenberger (FBL), was einige Räte mit zustimmendem Kopfnicken quittierten. Jutz erklärte abschließend, dass es einen Versuch wert wäre, herauszufinden, "wo die undichten Stellen in unseren eigenen Reihen sind".
Mit 15 Ja-Stimmen bei vier Gegenstimmen von der Liste Streit wurden die Gehaltserhöhung für den Bürgermeister beschlossen. Kandels bedankte sich für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und informierte den Rat kurz über die Sitzung der Lenkungsgruppe mit Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (der TV berichtete). "Ich kann die Reaktion der beiden Fraktionen nicht verstehen", sagte Kandels in diesem Zusammenhang zum Ausmarsch von Grünen und SPD und machte seinen Standpunkt zum Streitthema deutlich: "Es ist gut, wenn wir als Stadt nicht vorzeitig aus der GmbH austreten, denn sonst könnte es sein, dass Lamparski unsere Anteile erwirbt und dann die Mehrheit hält."
Tatsächlich werden freiwerdende Anteile zunächst den verbleibenden Gesellschaftern angeboten, wie GmbH-Aufsichtsratsvorsitzender Michael Billen auf TV-Anfrage erklärt. Für das Auflösen der GmbH oder die Änderung des Geschäftsziels sei eine Satzungsänderung erforderlich, die nur mit Dreiviertelmehrheit der Gesellschafter beschlossen werden könne.
Grüne und SPD vermuten im Nachgang zu der Sitzung, dass die CDU unangenehmen Fragen zum geplatzten Geschäft mit Lamparski aus dem Weg gehen wollte. Tags drauf erklärte Garçon dazu: "Wir werden uns hier aber nicht den Mund verbieten lassen."Extra

Französisch-Programm: Einstimmig hat der Rat beschlossen, dass die Stadt Bitburg auch weiterhin bereit ist, den städtischen Anteil von rund 14 500 Euro im Jahr in das Französisch-Programm Lerne die Sprache des Nachbarn zu investieren. Das Programm, bei dem Kinder spielerisch an die Sprache herangeführt werden, läuft an vier Bitburger Kitas: in Mötsch, St. Peter, Liebfrauen und der Kita der Lebenshilfe. Das Programm wird von Land und Kreis gefördert. Kita-Ausbau: Einstimmig beschlossen wurde, dass der Modulbau, mit dem die Kita Liebfrauen für rund 1,4 Millionen Euro erweitert wird, dauerhaft an dem Standort im Waisenhauspark bleiben soll, weil das Versetzen mit rund 600 000 Euro zu teuer sei. Statt der "von der Heyden- und von Schütz\\'schen Stiftung" jährlich eine Pacht von 6000 Euro zu zahlen, hat sich die Stadt verpflichtet, in einigen Jahren die Kosten für den Abriss des Altbaus zu übernehmen, was rund 62 000 Euro kostet. Neubaugebiet Erdorf: Einstimmig hat der Rat den Bebauungsplan für die 35 Grundstücke im Neubaugebiet Auf der Acht in Erdorf als Satzung beschlossen. Damit besteht nun Baurecht. Das ist das vorläufige Ende eines langen Tauziehens um Bauland in dem Stadtteil, in dem seit mehr als 30 Jahren kein größeres Baugebiet mehr erschlossen wurde. Einige Anlieger hatten Einwände gegen die Pläne für das Gebiet. Auf der Acht. Ihnen bleibt die Möglichkeit, zu klagen. scho

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