Mehr als eine weiße Tasse

Speicher · Seit mehr als 45 Jahren werden in den Speicherer Kunstkeramik-Werkstätten der Gebrüder Plein die „Original Trierer Viezporze“ hergestellt. Die weißen Gefäße sind so begehrt, dass sogar schon Chinesen und Rumänen versucht haben, diese zu kopieren. Besonders viel Mühe haben sie sich dabei allerdings nicht gegeben.

Wenn es überhaupt etwas gibt, worüber man diesbezüglich geteilter Meinung sein kann, so ist es höchstens das grammatische Geschlecht. Heißt es nun „der“ Viezporz? Oder „die“ Viezporz? Oder vielleicht sogar „das“ Viezporz. Schließlich ist die Bezeichnung Porz aus dem Wort Porzellan entstanden, womit der Artikel „das“ durchaus seine Berechtigung hätte. Jedoch klingt diese Variante besonders verboten, sodass es also entweder „der“ oder „die“ Porz heißen muss. „Also, für mich ist es die Porz“, sagt Walter Plein aus Speicher. Und er muss es wissen. Denn der Keramik- und Töpfermeister ist Geschäftsführer der Kunstkeramischen Werkstätten Gebrüder Plein in Speicher, die seit mehr als 45 Jahren die „Original Trierer Viezporz“ produziert.

Angefangen hat alles mit einer alten Zeichnung, mit der ein Unternehmer aus Trier auf den traditionsreichen Handwerksbetrieb zugekommen war. Darauf abgebildet war unter anderem ein alter Viezbecher, nach dessen Vorlage nun das historische und fast schon in Vergessenheit geratene Trinkgefäss zu neuem Leben erwachen sollte. Die Werkstatt fertigte ein Modell an und begann schließlich mit der Produktion der Viezporze. Seit dem hat sich weder die Form, noch das Material geändert. Denn Original-Viezporze bestehen aus gebrannter Porzellanmasse, „und nicht etwa aus Steingut“, wie des Öfteren fälschlicherweise behauptet werde, erklärt Plein. Und seine Porze erkenne man zudem nicht nur am Firmenlogo „GPS“ (Gebrüder Plein Speicher) auf der Unterseite, sondern auch am eingeprägten Eichstrich sowie an der Form. Der Behälter ist nämlich nicht ganz zylindrisch, sondern läuft unten leicht zusammen. „Und ein weiteres Merkmal ist die Scherbenstärke“, fügt er hinzu. Bei nachgemachten Porzen sei der Trinkrand meist „dick wie eine Kaffeetasse und krumm wie ein Osterei“, sagt der Chef des Fünf-Mann-Betriebs und kramt aus einem Regal der Werkstatt ein verstaubtes Porz-Exemplar, das nicht aus seiner Produktion stammt, sondern irgendwo in Fernost hergestellt wurde.

Mit billig produzierten Trinkbehältern aus China, aber auch aus Rumänien, die dem Speicherer Original auf den ersten Blick recht ähnlich sehen, wollten eifrige Geschäftsmänner vor einigen Jahren das Speicherer Porz-Monopol kippen. Sogar die Tourist-Information Trier (TIT) hatte auf einmal die billigeren Import-Porzen in ihrem regionaltypischen Sortiment, was nicht nur Plein, sondern auch eingefleischten Vieztrinkern bitter aufstieß und schließlich zum Politikum wurde (der TV berichtete). Zudem ärgerten sich Wirte darüber, dass ihnen Porze untergejubelt wurden, deren Fassungsvermögen nicht bei den angegebenen 0,4 Litern lag, sondern deutlich darüber. Die TIT zeigte sich schließlich einsichtig und kündigte an, zukünftig nur noch die Kult-Gefäße der Gebrüder Plein zu verkaufen, wobei es bis heute geblieben ist. Und auch die Kneipenbesitzer trennten sich größtenteils wieder von den geschäftsschädigenden Porz-Kopien aus Rumänien. Nicht alles, was auf den ersten Blick wie eine Original Trierer Porz aussieht, ist also auch eine. Doch warum überhaupt so viel Aufwand für ein aus schrumpeligen Äpfeln gepresstes Getränk? Reicht dafür nicht auch ein Glas? Für Walter Plein tut es das nicht. Und das nicht nur, weil er jedes Jahr rund 7000 Porzen produziert. „Aus einer richtigen Porz schmeckt es einfach ganz anders, und der Viez bleibt außerdem viel länger kalt.“ Das liegt am Porzellan. Und vielleicht auch an der Liebe zum Viez. ca/noj

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