Leute, auf die wir bauen

Höher, schneller, weiterkommen. Keine Zeit für Freunde, Freizeit, Nachbarschaft – geschweige denn ein ehrenamtliches Engagement. Das ist längst auch in Vereinen und Verbänden spürbar. Ob im Sport- und Musikverein oder bei den Damen vom Seniorentreff: Fast überall fehlt der Nachwuchs. Leute, die verbindlich von Woche zu Woche, von Einsatz zu Einsatz dabei sind, werden rar. Noch dünner sieht es bei der Besetzung von Vorstandsposten aus. Wirklich wollen tut meist keiner. Am Ende lässt sich dann einer breitschlagen. Wie lange noch?

Während vor Jahren und Jahrzehnten ein (Vereins-) Engagement eine willkommene und sinnvolle Freizeitbeschäftigung war, gibt es heute so vieles anderes - zu viel vielleicht. Schon Kinder werden auf Leistung gedrillt und Jugendliche haben beim Freizeitvergnügen nicht nur die Qual der Wahl, sondern auch noch Internet und Smartphone. Später kommt dann der Beruf an erster Stelle. In der Arbeitswelt weht ein rauer Wind. Die Ansprüche sind hoch. Der Druck, auch der, den man sich selbst macht, steigt.

"Auspowern" und "Batterien aufladen" - offenbar, so verrät unsere Sprache, funktionieren wir nur noch wie Maschinen. Zeit ist knapp. Die Energie für ein Ehrenamt fehlt. Erst recht für ein aufwendiges wie die Feuerwehr.

Wehrleute müssen nicht nur regelmäßig zu Aus- und Fortbildungen, sondern auch rund um die Uhr mit Einsätzen rechnen - wochenends wie werktags, von frühmorgens bis nachts. Umso erstaunlicher, dass sich nach wie vor so viele Freiwillige im Rettungswesen engagieren und da sind. Glücklicherweise sind es - mit mehr als 10 000 Wehrleuten allein in den Landkreisen Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm und in der Vulkaneifel - so viele! Noch. Denn auch bei denen, die für uns durchs Feuer gehen, ist längst nicht alles, wie es soll. Die Wehrleiter im Bitburger Land haben diese Woche Alarm geschlagen: Nur die Hälfte der 61 Wehrführer in der Verbandsgemeinde haben auch die für dieses Amt nötige Ausbildung. Einerseits fehlen Lehrgangsplätze, andererseits ist die Bereitschaft der Arbeitgeber nicht überall da, Wehrleute für einen zweiwöchigen Lehrgang freizustellen. Dazu sind sie zwar gesetzlich verpflichtet. Aber etliche Arbeitnehmer wagen nicht, danach zu fragen.

Jenseits vom Personal geht es auch ums Material. Die Stadt Wittlich hat diese Woche vorgerechnet, dass allein in den kommenden zehn Jahren zwei Millionen Euro in die Ausrüstung der Feuerwehr investiert werden müssten. Zwei Beispiele, die zeigen: Auf lange Sicht führt aus Personal- wie Kostengründen kein Weg an Zusammenschlüssen von kleineren Wehren vorbei. Das erfordert auch bei den Wehren ein Umdenken: Nicht jeder kleine Ort braucht ein teures, neues Einsatzfahrzeug.

Darüber hinaus: Es liegt an jedem von uns, sich bewusst zu machen, welche Bedeutung das Ehrenamt hat. Die Leute, auf die wir in so vielen Situationen bauen, haben alle Unterstützung, Anerkennung und Respekt verdient. Wo wären wir, wenn es diese Menschen nicht gäbe?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort