"Das Schreiben befreit mich"

HEYROTH. Der 84-jährige Johann Baptist Holzem hat nach "Verführte Jugend" nun ein weiteres autobiographisches Buch geschrieben. Es heißt "Auf der Suche (1947 bis 1949). Zwischen Eifel und Köln" und ist gleichermaßen Fortsetzung und Nachlese des ersten Buchs.

 Ein Stück eigene und deutsche Geschichte: Johann Baptist Holzem mit seinem neuen Buch "Auf der Suche (1947-1949). Zwischen Eifel und Köln" .Foto: Brigitte Bettscheider

Ein Stück eigene und deutsche Geschichte: Johann Baptist Holzem mit seinem neuen Buch "Auf der Suche (1947-1949). Zwischen Eifel und Köln" .Foto: Brigitte Bettscheider

Johann Baptist Holzem hat sein neues Buch "mit links" geschrieben. Mühelos also ist "Auf der Suche. Zwischen Eifel und Köln" enstanden, denn das Schreiben hat für den nun 84-Jährigen immer eine wichtige Rolle gespielt. Er hat sich als Junge beim Hüten der Kühe Geschichten ausgedacht, in den 50er Jahren Artikel für den Trierischen Volksfreund und für die Bistumszeitung Paulinus verfasst, er ist der Autor unzähliger Liedtexte und Beiträge für Jahrbücher. Vor zwei Jahren erschien mit "Verführte Jugend" sein erstes Buch.Auf Hamstertour durch die Eifel

"Mit links" ist bei ihm aber auch ganz wörtlich gemeint. Seit einem Jahr muss Holzem sich zwei Mal in der Woche im Dialyse-Zentrum in Daun einer Blutwäsche unterziehen. Um die vielen Stunden zu nutzen, begann er im Januar mit dem Schreiben eines Buchmanuskripts. Als er Probleme mit dem rechten Arm bekam, legte er sich ein Notebook zu - "das leichteste, das es gab" - und ließ die Erinnerungen an die Jahre 1947 bis 1949 mit einem Finger der linken Hand in die Tastatur fließen. "Die Ärzte, Pflegekräfte und die anderen Patienten haben ganz schön gestaunt", erzählt Holzem. Das Manuskript stand nach vier Monaten. Jetzt kommt das Buch "Auf der Suche" in den Handel. Das Titelbild zeigt einen Blick auf Köln - über die zerstörte Hohenzollernbrücke auf den Dom. Genau dort beginnt Holzems Geschichte. Am 3. Oktober 1947, fünf Wochen nach seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft, macht er sich vom Heimatdorf Heyroth auf den Weg nach Köln. Das Gefühl, durch Krieg und Gefangenschaft abgehärtet zu sein, trügt: Die Bombentrümmer rühren ihn tief. Er lässt sich resigniert auf einer Schutthalde nieder. Und ähnlich wie der Junge in Wolfgang Borcherts legendärer Nachkriegs-Kurzgeschichte "Nachts schlafen die Ratten doch" wird auch Johann Baptist Holzem von einem Passanten aus seiner Lethargie gerissen. Der Mann nimmt ihn mit zu sich nach Hause und ermuntert ihn zum Erzählen. So erfährt der Leser von einigen brisanten Erlebnissen und begibt sich ein paar Tage später mit dem Ich-Erzähler und Vera, der Tochter des Gastgebers, auf Hamstertour durch die Eifel. Da wird ein weiteres Kapitel Nachkriegsgeschichte aufgeschlagen, als Vera die Lederjacke ihres Vaters gegen Butter und Speck tauscht. Und sehr persönlich wird das Buch, als Holzem von Unzufriedenheit und innerer Zerrissenheit, von Selbstmitleid und den vergeblichen Hoffnungen auf eine feste Beziehung mit Vera schreibt. Der Autor resümiert: "Das Glück der Liebe war mir mehrmals entglitten, das Glück des Überlebens dagegen war mir öfters auf sonderbare Weise treu geblieben." Schließlich das letzte Kapitel: "Maria" - die Frau, mit der Johann Baptist Holzem seit dem 29. November 1951 verheiratet ist. Er habe immer wieder versucht, Kriegs- und Gefangenschaftserlebnisse aus seinem Gedächtnis zu verdrängen, erklärt der Autor. "Aber wie ein Bumerang kehrte vieles immer wieder in meine Erinnerung zurück." Das Schreiben helfe ihm, seine Erlebnisse aufzuarbeiten. Beim Schreiben stelle sich wie zwangsläufig die Erinnerung an kleinste Details ein. "Das Schreiben befreit mich", sagt der Mann, der das kleine Zimmer mit dem großen Schreibtisch in seinem Geburtshaus im Heyrother Vulkanweg "meine Werkstatt" nennt. Das Buch "Auf der Suche (1947-1949). Zwischen Eifel und Köln" von Johann Baptist Holzem hat 164 Seiten und kostet 11,90 Euro.

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