Der Himmel geht nur bis zum Knie

BITBURG. (mws) "Kunst & Kultur & Musik - Live und in Farbe", lautet das Motto des Sommercafés im Bitburger Haus Beda. Eine Lesung mit fünf Schauspielern des "theater sesam" eröffnete die Veranstaltungsreihe.

Seit fünf Wochen stehen sie im Garten des Hauses Beda - präsentiert vom Trierischen Volksfreund - als wilde Tiere und Shakespeare-Charaktere auf der Bühne: Die Darsteller des "theater sesam". Im Sommercafé zeigten die Profi-Schauspieler nun ohne Maske und Kulissen mit einer etwas anderen Lesung ihr Können."Wenn wir durch einen Punkt außerhalb einer Geraden eine Parallele zu ihr ziehen, erhalten wir einen sonningen Herbstnachmittag." Der lang gezogene Titel des Abends - entnommen aus dem "Theorem" von Louis Bunuel - erstreckt sich im Programm-Faltblatt über mehrere Zeilen. Doch lang(weilig) wurde es in den kommenden 70 Minuten nicht: Saskia Schwerth, Marnie Sha Held, Werner H. Schuster, Lucius Woytt und Heiko Schendel präsentierten den rund 60 Zuschauern eine unterhaltsame literarische Collage aus Makaberem, Anzüglichem und Absurdem.Vor allem die Texte des Russen Daniil Charms spalteten das Bitburger Publikum in zwei Lager: Von Schmunzeln über herzhaftes Lachen bis zu Kopfschütteln reichten die Reaktionen, wenn der Autor Figuren einander sinnlos begegnen oder vom Dach stürzen lässt. Heiko Schendels sonore Stimme ruft in Charms' "Die Fallenden" das kuriose Treiben im Hinterhof eines Hauses vor das geistige Auge der Zuhörer: Fenster werden bespuckt und wieder gesäubert, vernagelt und wieder geöffnet. Nachbarinnen reißen sich die Kleider vom Leib.Einen Kontrast zu dieser "schweren Kost" aus Russland boten Gedichte, Szenen und Dialoge von Bert Brecht, Erich Kästner und Charles Bukowski.Während des Programms wechselten die Sprecher ständig ihre Position im Raum oder tauchten über den Köpfen der Zuschauer auf dem Fenstersims des ersten Stocks auf. Marnie Sha Held zog als "Prostitätowierte" berlinernd von Tisch zu Tisch und baggerte einen Zuschauer an. "Ich will den Himmel nicht - nur bis zum Knie", verkündete sie wenig später. Ein "Reimzwang" trieb in Robert Gernhardts gleichnamiger Episode das junge Paar Ulla und Harry (Saskia Schwerth und Heiko Schendel) zur Verzweiflung Von den Erlebnissen einer vierbeinigen Krähe berichtete Werner H. Schuster. Das weckte beim Publikum die Lust auf mehr - mit anhaltendem Applaus entlockte es den Darstellern zwei Zugaben.Das Sommercafé ist dienstags bis freitags von 15 bis 18.30 Uhr sowie während aller Veranstaltungen im Haus Beda geöffnet.

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