Ein Bubikopf im Mittelpunkt

Mit der heutigen Ausgabe stellt die TV-Reihe über den Künstler Pitt Kreuzberg das Bild "Tochter Theo" vor, das der 34-jährige Vater Pitt Kreuzberg zu Anfang der 1920er Jahre malte.

 Das Haus Pitt Kreuzbergs am Schalkenmehrener Maar, in dem er von 1930 bis 1966 lebte und arbeitete. TV-Foto: Hartmut Flothmann

Das Haus Pitt Kreuzbergs am Schalkenmehrener Maar, in dem er von 1930 bis 1966 lebte und arbeitete. TV-Foto: Hartmut Flothmann

Schalkenmehren. Mit der TV-Reihe über Pitt Kreuzberg (1888 bis 1966), der als Kunststudent etliche Jahre in Düsseldorf und München verbrachte, bevor er sich 1913 mit seiner Familie für einen Wohnsitz in Schalkenmehren entschied, begeben wir uns auf Spurensuche bei einem Maler, der seine neue Heimat sehr schnell wieder verlassen musste, um wie viele Männer aus dem Dorf in den Ersten Weltkrieg zu ziehen. Diese Reihe stellt in loser Folge die Bilder von Pitt Kreuzberg vor, die in der Pitt-Kreuzberg-Galerie in Schalkenmehren bei Führungen oder besonderen Anlässen zu besichtigen sind. Heute: "Tochter Theo", Aquarell auf Papier, 1922, Format: 38 mal 50 Zentimeter. Im Werkverzeichnis der Galerie weist das Bild die Nummer 45 auf. Statt einer Signatur enthält das Werk eine Widmung mit dem Wortlaut "Theo bei Brombeerlimonade auf der Mehrheck, gemalt von Deinem Väterchen am 22. Juni 22". Zeugnis eines modernen Bildverständnisses

Man darf vermuten, dass dieses Kinderbild wahrscheinlich auf Initiative des Vaters zustande gekommen ist. Es ist kein rein sachlich-realistisches Bild, sondern zeigt bereits vor 85 Jahren das moderne Bildverständnis des Künstlers. Trotz der gewählten Aquarelltechnik fließen die Farben nicht inein ander. Die einzelnen Pinselstriche sind deutlich voneinander abgesetzt. Weit davon entfernt, ein Porträt zu sein, ist die damals dreijährige Tochter Theodora dennoch eindeutig Mittelpunkt des Bildes. Bei dem Betrachter löst es unterschiedliche Empfindungen aus. Die kleine Theodora, abgekürzt Theo, steht brav hinter einem Tisch, von dem nur ein Teil zu sehen ist. Dicht vor sich hat sie zwei mit einer roten Flüssigkeit gefüllten Weingläser, die die Kinnpartie ihres aufmerksam blickenden Gesichts teilweise verdecken. Dies wirkt in der Gesamt-Konfiguration des Bildes eher überraschend, weil der Maler sonst kein Sujet aus der Umgebung in das Bild aufgenommen hat, das den Blick von der Tochter ablenken könnte. Die Augen von Theo sind nicht auf den Betrachter gerichtet. Ihr Blick heftet sich auf etwas außerhalb des Bildes, was wir nicht sehen können. Das rundliche Kindergesicht mit Bubikopf und kleinem Pony, eher traditionell gestaltet, wird durch die gewählten Farben verfremdet. Die Haare des Mädchens in Blau und Rot, ebenso durch die farbigen Konturen im gelb ausgemalten Gesicht. Blaue Augen, rotbraune Augenbrauen, ein roter und blauer Nasenflügel vervollständigen diesen Eindruck. Ihr Kleid ist in einem gelben Misch-Ton gehalten, mit einem blau abgesetzten Kragen. Die Tischplatte vor Theos Oberkörper ist schwungvoll gebogen und, von links ausgehend, in granatrot über blau nach schwarz voll ausgemalt. Auf der rechten Bildhälfte scheint es, als habe der Vater dort die schwarze Farbe durch kräftige, senkrechte Striche von seinem nassen Pinsel abstreifen wollen. Hieraus könnte man schließen, dass es sich bei diesem Aquarell um eine schnell und leicht auf das Papier geworfene Studie handelt. Diese Pinselstriche erinnern mit etwas Fantasie an Basaltsäulen, die fast überall in der Eifel auszumachen sind. Himmel mit besonderem Farbenspektrum

Im Hintergrund über dem Kopf des kleinen Mädchens ein Kreuzberg- Himmel der besonderen Art: ein Farbenspektrum von gelb über violett bis blau und grau, in dem sich das Kind geborgen fühlen kann. Aus dem Text am oberen Bildrand geht hervor, dass es sich bei dem Inhalt der Weingläser um Brombeerlimonade handelt und nicht etwa um Rotwein. Sicher haben Vater und Tochter diese sich später gut munden lassen. Der Autor der TV-Reihe Pitt Kreuzberg ist Kultur- und Medienwart der Eifelverein-Ortsgruppe Schalkenmehren und Pitt-Kreuzberg-Kenner. Er organisiert für den Eifelverein auch Pitt-Kreuzberg-Themenwanderungen sowie Führungen durch die Kreuzberg-Galerie in Schalkenmehren. E-Mail-Kontakt: h.g.flothmann@t-online.de.

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