Farbe und Fett, Fotos und Blech

SCHÜLLER. Das Künstlerdorf im Oberen Kylltal ist neu belebt worden: Der "1. Jahrmarkt" der Künste lockte viele Besucher auf den Schüllerer Berg. Und die freuten sich über ein außerordentlich gemischtes Angebot.

"Das ist doch auch mal schön, mit Beuys zusammen auszustellen", sagt Raymond Pauquet. Stimmt irgendwie: Während der Stadtkyller Pauquet seine extravaganten Bilder im Schüllerer Gemeindesaal aufgehängt hat, sind einen Fußmarsch entfernt Arbeiten von Joseph Beuys zu sehen. Die Kölner Galerie Holtmann zeigt in ihrer Schüllerer Werkstatt Fotos von Beuys-Aktionen. Das Motiv auf vielen der Bilder ist der Meister selbst, der nicht nur (aufgrund kriegsbedingter Erlebnisse) mit Fett und Filz, sondern auch mit dem so genannten erweiterten Kunstbegriff operierte. Die Kölner Galerie lässt alle ihre Bilder in Schüller rahmen. Werkstattleiter Winfried Kees: "Wir machen hier alles, auch ungewöhnliche Sachen. In allen Größen." So dürfen die Beuys-Bilder laut Verfügung des 1986 gestorbenen Künstlers nur in Eisen eingefasst werden. Noch ein großer Name ist vertreten: Georg Meistermann, der bis zu seinem Tod 1990 in Schüller gelebt hat. Die Galerie zeigt die gläsernen Fensterbilder, die nach den Entwürfen des Künstlers entstanden sind, erläutert von Werner Kandels, dem früheren Meistermann-Nachbarn: "Sein Lebenswerk sind ja die Fenster von St. Gereon in Köln. Die hat er in Schüller auf Kartons entworfen." Die am Sonntag gezeigten Fenster seien "aus Lust und Laune" entstanden. Holtmann habe sie kurzfristig erhalten, bevor sie in den Besitz der Meistermann-Enkel übergehen. "Das alles hat sein Publikum"

Zurück zu Beuys, denn der hat der Nachwelt einen schönen Satz hinterlassen: "Jeder Mensch ist ein Künstler." Genau das gilt vor allem im Gemeindesaal. Von der Bühne glitzern die auf Hochglanz gewienerten Blechlampen von Michael Weck. Neben den Pauquet-Bildern hängen dort Gemälde von Gottfried Freyer, passend für die gutbürgerliche Stube gepinselt, während der Fotograf Fulko Harings seine "Italienischen Momente" präsentiert. Dazwischen beweisen die Schüllerer und Jünkerather Schulkinder, dass sie offenbar in den Genuss eines guten Kunstunterrichts gekommen sind. Das ist immer noch nicht alles: Der in Schüller geborene Günter May präsentiert eine Reihe von eigens für diesen Tag gefertigten Arbeiten, so bestechend gezeichnet wie akkurat in Schüllerer Platt betitelt: "Op Steenbüschel", "Schüller noam Jewitter" oder "Lessendorf möt Schliene". Die teilweise wilde Mischung der ausgestellten Arbeiten im Gemeindesaal findet der Grafiker "gar nicht tragisch: Das hat alles seinen Reiz und sein Publikum." Sein Publikum hat auch Design-Doktor und Aktionskünstler Christoph Breidenich - allerdings selten in der Eifel, wo er seit zehn Jahren lebt und seine spektakulären Auftritte vorbereitet. Soeben ist er aus New York zurück (weiterer Bericht folgt) und freut sich, endlich einmal mit den Schüllerern ins Gespräch zu kommen. Vor der Haustür haben auch die Breidenich-Kinder etwas ausgestellt: Kleine Skulpturen, groß präsentiert auf weißen Würfeln. "Ich sag's ja: Der Breidenich ist ein Genie", urteilt Landrat Heinz Onnertz. Letzte Station: Das alte Pfarrhaus von Familie Gunder. Dort werden die Besucher mit Sekt und Saft empfangen, bevor sie sich an den Bildern des Stadtkyllers Max Ströder satt sehen, dessen Technik vom Kollegen Günter May als "sensationell" bezeichnet wird. Und was sagen die Besucher? Matthias Meyer: "Das passt zu Schüller, weil Schüller immer ein Künstlerdorf war." "Ich finde das ausgezeichnet", meint Matthias Haepp. Natürlich gefalle einem nicht alles - "aber das muss man akzeptieren. Ich kann dem Bürgermeister zu dieser Idee nur gratulieren." Das tut auch Heinz Onnertz - und zwar schriftlich, im Gästebuch der Ausstellung. Zufrieden und entspannt zeigt sich daher Gemeindechef Stefan Bungartz: "Ich gehe jetzt gepflegt einen trinken und höre mir an, was die Beteiligten zu sagen haben."

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