"Mein Herz ist größer als mein Hirn"

GROSSLITTGEN/HIMMEROD. (mok) Nach 50 Jahren gibt die Email-Künstlerin Gertrud Rittmann-Fischer den Vorsitz des "Creativ Kreis International e. V." (CKI) in jüngere Hände. Zum letzten Mal zeigt die Künstlerin bis zum 30. Oktober ihre Werke in der "Alten Mühle" im Kloster Himmerod.

Die zierliche 83-jährige Gertrud Rittmann-Fischer sitzt im Wohnzimmer ihres Hauses am Kloster Himmerod. Vor ihrem Sessel liegen Stapel mit Unterlagen, Plakaten und Ordnern, in denen Bilder erzählen, was Gertrud Rittmann-Fischer in den vergangenen Jahren erlebt hat. Sie sucht alle Papiere zusammen, die sich in 50 Jahren Vereinsarbeit als Vorsitzende des CKI angesammelt haben, um sie an den Nachfolger Arno Högel weiterzugeben. Ihr Lebenswerk.Ein Bild für Nelson Mandela

Sie blättert in einem Album. Die Fotos zeigen sie beispielsweise mit Nelson Mandela oder Michael Gorbatschow. Zu jedem Bild gibt es eine Geschichte. Auch zu den unzähligen Bildern, die Rittmann-Fischer geschaffen hat - aus Kupferblech, gemahlenem Glas, das mit Metalloxyden versetzt wird, und schließlich in einem Brennofen gefestigt wird. Eines ihrer Bilder, auf dem sie sein bewegtes Leben in Email dargestellt hat, hat sie Mandela geschenkt. "Von der Pike auf habe ich das Handwerk gelernt, wie kaum jemand", blickt Rittmann-Fischer zurück. In der Goldschmiedewerkstatt ihres Vaters in Deidesheim habe sie als Mädchen den Blasebalg bedient, erzählt sie. Dort lernte sie die Kunst des Emaillierens, die sie in Kursen und Seminaren auf der ganzen Welt weitergegeben und in Ausstellungen gezeigt hat. Von der sakralen Kunst kommend, hat sie sich im Laufe der Zeit der symbolischen zugewandt; Bäume als Lebensbäume oder Tauben als Friedenszeichen prägen ihre jüngsten Werke. "In Fachkreisen werde sie Email-Ikone genannt", sagt sie lächelnd. Einen Namen hat sie nicht nur durch ihre Pionierarbeit in Sachen Email-Kunst und ihr unermüdliches Streben, diese weiterzugeben - unter anderem in Form von Büchern -, sondern auch daher, dass sie mit dem Verein CKI viel bewegt hat: Ausstellungen in Japan, Russland, Israel oder Australien hat die Dame organisiert.Namhafte Künstler in die Eifel geholt

Ein eigenes Museum hat der Verein in der "Alten Mühle" im Kloster Himmerod, ein weiteres wird im kommenden Jahr in Blieskastel (Saarland) eröffnet. Und natürlich lässt es sich die agile Dame nicht nehmen, den Aufbau des neuen Museums in die Hand zu nehmen. Nach Himmerod hat sie viele namhafte Künstler geholt und hat es beispielsweise geschafft, Kostbarkeiten aus der Eremitage St. Petersburg in der "Alten Mühle" auszustellen. Bei ihrer Arbeit habe sie "Fingerspitzengefühl und Toleranz" gebraucht, um den seit 1962 auf rund 240 Mitglieder gewachsenen Verein zu führen, schließlich seinen Künstler "ausgeprägte Persönlichkeiten". Eine solche ist auch Rittmann-Fischer. So attestiert ihr ein Laudator bei der Eröffnung ihrer jüngsten Ausstellung in der "Alten Mühle", sie sei "unbequem, kritisch, widerspenstig und eine harmoniesüchtige Querdenkerin mit Haken und Ösen". Außerdem sei sie "eine Frau mit einem großen Herzen". "Mein Herz ist größer als mein Hirn", kommentiert Rittmann-Fischer diese Aussage und erzählt von Schüleraustauschen, die sie organisiert hat oder von Hilfsgütertransporten nach Russland mit Tonnen von Kleidern und Medikamenten. Für ihren selbstlosen Einsatz hat Rittmann-Fischer unter anderem das Bundesverdienstkreuz bekommen. Und wie in der Kunst ist sie auch in ihrer sozialen Arbeit unermüdlich: Bei einem Besuch mit "Ärzte ohne Grenzen" in Ghana hat sie beschlossen, zwei Kinderheime aufzubauen, für die sie gerade Spendengelder sammelt. Bis 30. Oktober ist die Ausstellung von Gertrud Rittmann-Fischer "Funke, Flamme, Feuer. Ein Teil von mir" in der "Alten Mühle" im Kloster Himmerod zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 14 bis 17 Uhr, und Sonntag, 11 bis 17 Uhr.

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