Not macht erfinderisch

BITBURG. Teils kurios anmutende Gegenstände, wie ein zum Kochtopf umfunktionierter Wehrmachtshelm, ein Brautkleid aus Fallschirmseide oder Spielzeug aus Konservendosen werden vom 8. April bis zum 31. Mai im Kreismuseum Bitburg zu sehen sein. Sie alle haben eins gemeinsam: materielle Not und Erfindungsgabe ihrer Schöpfer.

"Gute Ideen in schlechten Zeiten, wie Not erfinderisch macht(e)" ist der Titel der Ausstellung mit Exponaten von früher und heute, aus Deutschland, aber auch Ländern der Dritten Welt. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg mangelte es überall am Nötigsten. Improvisationstalent war gefragt, es blühten Einfälle zur Verwertung ungewöhnlichster Materialien. Gerade in der vom Krieg schwer betroffenen Westeifel blieb reichlich militärisches Gerät zurück, das findige Köpfe ausschlachteten und zur Herstellung zivil genutzter Gegenstände verwendeten. Burkhard Kaufmann vom Kreismuseum, der die Ausstellung konzipiert, erzählt: "Wenn irgendwo ein Flugzeug abgestürzt war, wurden seine Teile in Rucksäcken abtransportiert." Flugzeugaluminium war begehrter Rohstoff, beispielsweise für Küchengeräte oder eine Wohnzimmerlampe in Kronleuchterform. Aber auch die Westwallbunker boten Material. "Legendär waren in der Eifel die so genannten Bunkerschlitten, gebaut aus Bunkerbetten. Die sollen unglaublich schnell gewesen sein und wurden von mehreren Generationen von Kindern gefahren," berichtet Kaufmann. Bei der Suche nach Objekten für die Ausstellung begegnete er immer wieder ähnlichen Geschichten. "Besonders anrührend ist, wie mit Hilfe der Umnutzung kriegerischer Gegenstände eine völlig desolate Situation bewältigt und damit ein Zeichen für den Neubeginn gesetzt wurde." Stahlhelme etwa, eigentlich ein Symbol für die traumatischen Erfahrungen ihrer Träger, wurden, mit Stiel versehen, zu Jaucheschöpfern, Panzerminen wurden zu Wärmflaschen. "Sehr symbolträchtig ist dieses hier," sagt Kaufmann und hebt eine Wahlurne hoch, die sich bei genauerem Hinsehen als ehemaliger Patronenkasten entpuppt. "Und ganz wunderbar äußert sich der Gedanke des Neuanfangs in dem Brautkleid aus einem Armeefallschirm. Hier wird ein Kriegs- zu einem Liebessymbol." Heute ist diese auf das Überleben gerichtete Kreativität bei uns Vergangenheit. In Ländern der Dritten Welt jedoch gehört sie zur Alltagskultur. Daraus entstandene Stücke, wie Spielzeug aus Abfällen, werden ebenfalls in der Ausstellung gezeigt. Die Objekte, die von großen Reichtum an Eigeninitiative und Geschick zeugen, sollen zum Vergleich der Lebensverhältnisse anregen. Die Leihgaben stammen vom Sammler Hans Schmidt, der in Miltenberg bereits eine ähnliche Ausstellung organisiert hatte. Der Kontakt mit ihm bewegte Burkhard Kaufmann dazu, die Idee auch in Bitburg umzusetzen. "Schon während der Vorbereitung wurde deutlich, dass das Thema viele persönliche Erinnerungen bei den Menschen in der Region lebendig werden lässt", sagt Kaufmann, aus dessen Familie auch zwei Exponate stammen. Die Ausstellung im Kreismuseum Bitburg wird am Mittwoch, 7. April, um 18 Uhr eröffnet und ist bis zum 31. Mai täglich außer dienstags von 14 bis 17 Uhr, montags, mittwochs, donnerstags und freitags auch von 10 bis 13 Uhr zu sehen. Führungen sind am 12. April und 16. Mai um 15 Uhr, sowie auf Anfrage, Telefon 06561/683888 oder kreismuseum.bitburg-pruem@t-online.de

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