Provokateur im Namen Jesu

PRÜM. Er hat es in regelmäßigen Abständen geschafft, anzuecken und zu provozieren. Und längst nicht jeder weiß damit umzugehen. Heiner Geißler, einer der prominentesten CDU-Politiker der 70er und 80er Jahre, bleibt seiner Linie treu. Am 10. September liest er in der Prümer Karolingerhalle aus seinem Buch "Was würde Jesus heute sagen".

Das Eifel-Literatur-Festival startet mit einem streitbaren Geist in den Bücher-Herbst 2004. Der CDU-Politiker Heiner Geißler liest am Freitag, 10. September, 20 Uhr, in der Karolingerhalle in Prüm. In seinem Buch "Was würde Jesus heute sagen" unterstreicht der 74-Jährige seinen Anspruch auf Ehrlichkeit und Moral. Wasser predigen, selbst aber Wein trinken, wirkt auf ihn ebenso befremdend wie Forderungen zu erheben, Ansprüche zu definieren, aber sich selbst nicht daran zu halten. Heiner Geißler erzählt in seinem bei Rowohlt erschienen Buch die "unerhörte Geschichte" des Jesus von Nazareth. Dabei beschäftigt er sich mit den Originaltexten, kommt falschen Übersetzungen auf die Spur und schildert, mit welchen Folgen sich Jesus in die damaligen Machtverhältnisse eingemischt hat. Geißler überträgt dabei die Aussagen des Evangeliums auf die heutige Zeit und konfrontiert die politische, kulturelle und ökonomische Gegenwart mit der "schönsten und zugleich revolutionärsten Botschaft der Weltgeschichte". Geißler wäre nicht Geißler, würde er seine eigenen Parteifreunde schonen. "Seit Gründung der CDU zum Beispiel ist das C in ihrem Namen für viele zu einer Provokation geworden, ja sogar zu einer großen Lüge einer politischen Partei", schreibt er. In wichtigen Fragen handele die Union durchaus unchristlich, werde ihr immer vorgeworfen. Geißler: "Die CDU muss sich in der Tat die Frage gefallen lassen, warum sie immer dann an vorderster Front zu finden ist, wenn Restriktionen gegen Ausländer beschlossen werden sollen: Abschiebung illegal Eingewanderter, unabhängig von der Frage, welche Auswirkungen eine Abschiebung auf die Kinder der betreffenden Familie hat, oder Nichtanerkennung so genannter nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund." Aber auch der Anspruch, sozial zu sein, könne zur pharisäerhaften Attitüde werden, wenn eine Partei wie die SPD in Zeiten von 4,5 Millionen Arbeitslosen die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes mit der Begründung kürze, dass dadurch der Druck größer werde, möglichst rasch wieder Arbeit aufzunehmen, findet Geißler. Heiner Geißler, geboren am 3. März 1930, studierte als Mitglied des Jesuitenordens vier Jahre Philosophie in München und anschließend Jura in Tübingen. Er war zunächst Richter, danach Sozialminister in Rheinland-Pfalz, bevor er Bundesfamilienminister in Bonn wurde. Bis 2002 war er Abgeordneter im Deutschen Bundestag und unter anderem Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Als Generalsekretär machte Heiner Geißler die CDU zu einer Programmpartei und schlagkräftigen politischen Organisation. Weitere Termine und Kartenvorverkauf beim Eifel-Literatur-Festival: siehe unten stehende Terminvorschau.

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