"Wandelnde Leiche" gibt den Kampf nicht auf

BITBURG. Er ist mutig, unbestechlich und herzlich. Leoluca Orlando, ehemaliger Bürgermeister von Palermo, bekannt als unerschrockener Mafia-Gegner, war im Rahmen des Eifel Literatur Festivals zu Besuch in Bitburg.

"Der ist aber sympathisch" und "Es war schön, aber auch anstrengend", lauteten zwei Kommentare zweier Zuhörerinnen nach der Lesung mit dem ehemaligen Bürgermeister von Palermo, der im Rahmen des Eifel Literatur Festivals im Haus Beda in Bitburg vor vollem Saal aus seinem Buch "Der sizilianische Karren" las. Der prominente Gast wurde seiner Rolle als "Globetrotter in Sachen Antimafia" (Ralph Giordano) gerecht. Mit Inbrunst und italienischem Temperament sprach er im schnellen Deutsch von seinem Kampf gegen die Mafia. Festival-Organisator Josef Zierden zitierte in seiner Laudatio die sizilianische Polizei, die Leoluca Orlando eine "wandelnde Leiche" nannte, als er 1985 Bürgermeister von Palermo wurde und den Kampf gegen die Mafia zu seiner Lebensaufgabe machte. Zierden: "Aber er hat es geschafft, mit Palermo ausgerechnet die Hauptstadt der Mafia in eine Anti-Mafia-Metropole zu verwandeln." Gefährlich sieht er nicht aus, der Gast aus Sizilien. Eher klein von Statur, volles schwarzes Haar, mit einem Hauch silbergrau in den Schläfen, erzählt er lebendig und gestenreich aus seinem Leben. Seine Waffe gegen die Mafia ist nicht Gewalt oder Vergeltung. Seine Strategie ist der Appell an das Erkennen der eigenen Identität, der eigenen Kultur. Und das gelte nicht nur in Sizilien. Orlando: "Ich spreche über was, das passiert auf der ganzen Welt. Die russische Mafia pervertiert die russische Kultur, die chinesische Mafia pervertiert die chinesische Kultur, die arabische Mafia pervertiert die arabische Kultur und so weiter." Der Mann, der umgeben von Leibwächtern sein Leben in Angst verbringen muss und noch immer auf der Abschussliste der Mafia steht, erzählte aber auch amüsante Anekdoten von Begegnungen mit berühmten Persönlichkeiten, wie Fidel Castro, der von ihm wissen wollte, wie er den Papst begrüßen soll. Er gab auch Einblick in sein privates Leben, zum Beispiel, wie er seine Frau Milli kennen lernte. Die stellte ihm bei ihrer ersten Begegnung in London die für sein zukünftiges Leben alles entscheidene Frage: "...aber du, ein Sizilianer, was unternimmst du eigentlich gegen die Mafia?" Viel Unterstützung erhielt Orlando bei seinem Kampf gegen die Mafia. Seien es die Frauen Siziliens, die sein Leben sogar mit dem Leben ihrer Kinder schützen wollten oder der Nudelfabrikant Barilla, der ihm seinen Privatjet zur Benutzung anbot. "Deswegen mache ich auch immer bei öffentlichen Auftritten Werbung für Barilla. Essen sie Barilla-Nudeln," forderte der 57-jährige mit einem Augenzwinkern das Publikum auf. Worauf Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit konterte: "Nach einem guten Essen mit Barilla, schmeckt sicherlich auch ein Bitburger Pils. Wenn Sie das bitte bei der nächsten Lesung noch sagen würden." Bevor Leoluca Orlando im November die Ehrendoktorwürde der Universität Trier verliehen bekommt, trug er sich am Ende der Lesung in das Goldene Buch der Stadt Bitburg ein. Nächster Termin des Eifel-Literatur-Festivals ist die Lesung mit Autor Günter Kunert am Freitag, 15. Oktober, 20 Uhr im Fürstensaal des Regino-Gymnasiums in Prüm. KULTUR, SEITE 22

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