"Ent-schuldigen"

Ich entschuldige mich. Wenn Sie das sagen, wissen Sie: Ich habe einen Fehler gemacht. Sie stehen bei jemandem in der Schuld, möchten, dass diese Schuld gelöscht wird. Und wenn jemand zu Ihnen diesen Satz sagt, ist er Ihnen auf die Füße getreten, hat sie verletzt oder eine Dummheit begangen.

Er spürt, dass er schuldig geworden ist und möchte diese Schuld loswerden. Beide Möglichkeiten beleuchten das Problem von verschiedenen Seiten. Gemeinsam ist der Wunsch, eine Schuld loszuwerden. Oft hört man nach solchen Begegnungen: "Aber ich habe mich doch entschuldigt!" Und spürt, dass da noch etwas in der Luft liegt. Denn der ganzen Sache liegt ein Denkfehler zugrunde.

Viele Menschen meinen, wenn sie sagen "ich entschuldige mich", sie hätten ihre Schuldigkeit getan, und alles wäre wieder in Ordnung. Es wird oft übersehen, dass ich dabei nur um Entschuldigung bitte. Ich kann mich selbst nicht "ent-schuldigen"! Und da liegt, glaube ich, eine Grundhaltung unserer Zeit im Gegensatz dazu, wie zwischenmenschliche Beziehung funktioniert. Wir verstehen uns heute als Macher, die aus eigener Kraft etwas tun und bewegen können. Das führt immer wieder zu maßloser Selbstüberschätzung. Bis hin zu dem Glauben, dass ich eine Schuld, die ich auf mich geladen habe, auch selbst wieder wegnehmen kann. Aber so funktioniert das nicht!

Unser christlicher Glaube bietet uns eine Hilfe an, die unser menschliches Miteinander tragfähig und belastungsfähig machen kann. Es ist sicher keine Frage, dass wir in unseren Beziehungen immer wieder an Grenzen stoßen, die wir selbst nicht überschreiten können. Dann sind wir auf das Entgegenkommen der anderen angewiesen. Als Christ vertraue ich darauf, dass Gott mich so annimmt, wie ich bin. Auch mit meinen Fehlern. Und dass er mir vergibt, wenn ich ehrlichen Herzens mein Misslingen bedauere und von meiner Schuld gelöst werden möchte - eben darum bitte. Wenn ich selbst die Erfahrung machen kann, von etwas ge-löst zu werden (durch Gott oder von anderen), dann kann ich auch andere von etwas "er-lösen", ihnen verzeihen.

Pastoralreferent Johannes Eiswirth, Dekanat Sankt Willibrord Westeifel

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