Melkende Funktionäre

Wenn ich nicht wüsste, dass die wirtschaftliche Lage unserer Milchbauern so ernst wäre, könnte man sagen: Nun ist die Ernte eingefahren, und der Bauer hat wieder Zeit zum Klagen. Denn genau dies bewirken die gebetsmühlenartigen Wiederholungen der vom Berufsverband vorformulierten Argumentationen.

Nicht der Verbraucher, auch nicht der unwissende Verbraucher ist das Übel für die ernste Lage der Berufskollegen. Meines Erachtens liegt die Beantwortung der von Herrn Bauer formulierten Frage "Warum müssen Milchvieh haltende Betriebe nun um ihre Existenz fürchten?" beim Berufsstand und deren Organisationen selbst. Es gibt bäuerliche Selbstverwaltungen, deren "Protagonisten" bestimmt, beziehungsweise in manchen Fällen sogar gewählt werden. Egal ob Kammer, Verbände, Genossenschaften. Hier ist man dann in der Regel Mitglied. Es sei denn, man wechselt die Partei oder den Verband. Bei der Auflistung der Funktionäre fällt dann sehr schnell auf, dass es doch eine Reihe von Kollegen gibt, die beim Aufzählen ihrer Posten mehr Zeit brauchen als die existenzbedrohten Kollegen zum Melken. Der Haken an der Sache ist aber, dass der melkende Kollege nicht gebührend für seinen Aufwand entschädigt wird. An dieser Stelle drängt sich nun die Frage auf: Ist es überhaupt von Vorteil, eine helfende Hand für den Kollegen frei zu haben, der im Grunde genommen nur ein lästiger Mitbewerber ist und die Flächen für nachwachsende Rohstoffe versperrt? Denn Landwirtschaft dient allen, vor allem den Funktionären. Mit diesen Gedanken verfolge ich die Sportnachricht eines Fußballvereines in der näheren Umgebung. Hier wurde der verantwortliche Leiter entlassen, weil er sechs Wochen keine Punkte mehr geholt hat. Und was ist mit unseren Milchbauern? Seit mindestens sechs Jahren haben sie keinen einzigen Punkt mehr dazugewonnen. Ein Lichtblick, vom Ansatz her jedenfalls, scheint der Zusammenschluss der Milchbauern grenzübergreifend zu einer Zweckgemeinschaft beziehungsweise zu einem Bund zu sein. Es muss nur gewährleistet sein, dass die eine Hand melkt und die andere Hand unbelastet, ausschließlich dem Hauptziel des Bundes dient. Manfred Troes, Karlshausen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort