Selbstverwaltung und Selbstbezug

Die kommunale Selbstverwaltung ist ein hohes Gut, sie macht Demokratie wirklich erlebbar, da sich Wähler und Gewählte sehr nahe sind. Ganz besonders gilt dies im ländlichen Raum. Sehr oft führt das zu mehr an der Sache als an Parteiinteressen orientierten Debatten und Entscheidungen.

Selbst wenn viele Kommunen finanziell kaum noch Handlungspielräume besitzen, können breite Koalitionen der örtlichen Vernunft durchaus Eindruck machen und Dinge erreichen, die man kaum für möglich hält: Ein gutes Beispiel ist der Kampf um den Erhalt des Neuerburger Krankenhauses, der nicht nur mit Blick auf die medizinische Infrastruktur in der Kleinstadt ein Erfolg war, sondern dem Ort auch einen positiven Impuls gegeben hat und gezeigt hat, dass gemeinsam selbst große Probleme zu lösen sind. Probleme hat seit Jahren auch die Stadt Kyllburg. Anders als an der Enz jedoch, zeigt die kommunale Selbstverwaltung an der Kyll ihre Schattenseite. Denn die Nähe der handelnden Personen zueinander und zu den Gegenständen ihres Tuns kann auch persönliche Animositäten, Eitelkeiten und Defizite so verdichten, dass aus Selbstverwaltung reiner Selbstbezug entsteht, will sagen, dass sich Gremien und Funktionsträger nicht mit Problemen und deren Lösung beschäftigen, sondern mit sich selbst und auf diese Weise selbst zum Problem werden, während drängende Sachfragen unbearbeitet bleiben. In Kyllburg lassen sich Problemfelder, die der sachlichen Einigkeit bedürften, reihenweise aufzählen: "Eifeler Hof" und "Kurfürst von Trier" sind nur zwei davon, die selbst im Vergleich zu anderen ebenfalls notleidenden Kommunen unglaublich schlechte Finanzlage der Stadt ein drittes. Getan hat sich seit Jahren nichts, außer dass die Stadt, die in ihrer Substanz eine der schönsten der Eifel ist, mehr und mehr zur Ruine wurde - und das gilt nicht erst seit der Wahl des derzeitigen Bürgermeisters. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Probleme und die Angst vorm Scheitern den Handelnden so groß erscheinen, dass interner Streit als eine Art kommunalpolitischer Ersatzbefriedigung dient. Es ist höchste Zeit für eine grundsätzliche, schonungslose Aussprache aller Gruppen über die Fehler, die auf allen Seiten in den vergangenen Jahren gemacht wurden. Ziel muss es sein, sich jenseits aller persönlichen Befindlichkeiten endlich wieder zum Wohl der Stadt zusammenzuraufen. S Das Nachrichtengeschäft ist schnelllebig, die Lage verändert sich täglich. Doch gibt es manches, das der Weitung des Blickfelds und der Betrachtung über den Tag hinaus bedarf. Genau das will Reporterchef Lars Oliver Ross mit der Kolumne "Klartext" immer samstags liefern.

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