Als das Wachs an den Pflug tropfte

HARGARTEN/GESOTZ. (js) Maria Lichtmess – das war früher ein Feiertag mit hoher kirchlicher Bedeutung. Auch für die bäuerliche Welt in der Region Eifel/Mosel/Hunsrück war er ein wichtiger Termin: An diesem Tag wurde das Gesinde neu eingestellt. Vielerorts gab es auch üppige Hausfeiern.

 Christoph Geditz (98) erinnert sich noch genau daran, wie der Feiertag Maria Lichtmess früher begangen wurde. TV-Foto: Joachim Schröder

Christoph Geditz (98) erinnert sich noch genau daran, wie der Feiertag Maria Lichtmess früher begangen wurde. TV-Foto: Joachim Schröder

Seit altersher gab es in der Region den Brauch, Kerzen in der Kirche segnen zu lassen. Den "Lichtmesskerzen" wurde im bäuerlichen Umfeld eine besondere Wunderkraft zugeschrieben. Bei Krankheiten, bei der Geburt eines Kindes oder in der Sterbestunde eines Angehörigen wurden die geweihten Kerzen entzündet. Auch dienten sie als Schutz gegen Unwetter und Seuchen im Stall. Christoph Geditz aus Gesotz (Gemeinde Hargarten, Eifelkreis Bitburg-Prüm) ist 98 Jahre alt. Viele Jahrzehnte war der rüstige Senior ("Ich fahre noch Auto und mache alles selbst") Landwirt in der kleinen Höhengemeinde. "Mit dem letzten Pferd endete im Jahr 2000meine Karriere, ich hatte es 23 Jahre", sagt Geditz. Er erinnert sich gut, dass es früher zu der Neueinstellung des Gesindes am Lichtmesstag kam. "Allerdings ist mir auch bekannt, dass dies bereits am Luzeientag (13. Dezember) geschah", erzählt er.Als Lohn gab es Naturalien und Kleidung

Während die Mägde vornehmlich in der Hauswirtschaft tätig waren, verrichteten die Knechte die Arbeiten im Feld. "Dazu gehörte das Säen, Kartoffeln setzen, Getreide und Gras mähen", erinnert sich Geditz. Als Lohn erhielten die Mägde und Knechte Naturalien, Schuhe und Kleider. "Der Schuster kam ins Haus, um Schuhe zu fertigen, der Schneider nähte den Knechten einen Anzug", sagt Geditz. "300 Mark im Jahr gab es zudem für jeden Knecht", berichtet er. Während im Winter das Getreide mit dem Flegel gedroschen wurde, begannen am Lichtmesstag die Vorbereitungen für die Sä-Arbeiten. "Ende Februar ging es richtig los: Weizen, Hafer und Gerste wurden ausgestreut, die Säzeit dauerte damals rund drei Wochen", erzählt Geditz. Dass der Lichtmesstag eine herausgehobene Stellung im kirchlichen und häuslichen Leben hatte, ist dem Altbauern noch bewusst. "Er wurde als Sonntag begangen, nach der Kirche wurde gut gegessen und es fanden gegenseitige Besuche statt", sagt Christph Geditz. An Dorffeste und -feiern in Sälen kann sich Geditz nicht erinnern. Selbst an einen uralten Brauch, der sowohl in der Eifel als auch an der Mosel praktiziert wurde, erinnert sich der 98-Jährige: "Mit den geweihten Kerzen ging man in den Stall und in die Scheune, um die Gerätschaften mit Wachs zu beträufeln." Sinn des Brauchs war es, dass die Geräte ihren Dienst nicht versagten und die Scholle fruchtbar sein möge. An der Mosel ist sogar die Rede, dass man das Wachs der Lichtmesskerze zum Schutz gegen Anfeindungen auf die Kopfbedeckung der Menschen träufelte. Lichtmess war auch ein wichtiger Zinstag. Aus den Erlösen der häuslichen Spinnarbeit und der Getreide wurden die fälligen Zinsen abgeführt. Als "Lostag" war dieser Tag um einen "Hirschsprung" (eine Stunde) länger als der Tag des Winterbeginns am 21. Dezember. Lichtmess wurde auch als Wetter- und Lostag hoch geschätzt.

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