Straßen erzählen Geschichten

PRÜM/BITBURG. Neben Urkunden, mündlichen und schriftlichen Erzähltraditionen und Funden sind Flurnamen oft bedeutende Quellen für die Lokal- und Sprachgeschichte einer Region. Der TV spürte beispielhaft einige Flurnamen auf und ging ihrer Herkunft nach.

Woher stammen diese Lagebezeichnungen? Seit wann existieren sie und welche Häufungen gibt es in der Eifel? Diese und andere Fragen liefern wichtige Hinweise auf die örtliche Besiedlung. Gerd Kaufmann vom Katasteramt Prüm: "Lagebezeichnungen kommen direkt aus dem Volk und nehmen Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten". Klar, dass es so zu jeder Menge Kuriositäten und oft nicht mehr rekonstruierbaren Wortschöpfungen kam. Die Notwendigkeit von Bezeichnungen erklärt Matthias Kockelmann vom Prümer Katasteramt so: "Früher gab es Bereiche im Flur, in dem jeder Bauer einen Ackerstreifen besaß. Durch die Flurerfassung wurden das Überfahrtsrecht und der gemeinsame Fruchtanbau geregelt." Hinzu kam, dass im Zuge der Dreifelderwirtschaft die Feldflur einer Siedlung in so genannte Gewanne unterteilt wurde, die im Flurzwang bewirtschaftet wurden. Kockelmann: "So wurden Arbeiten auf allen Ackerstücken einer Gewanne immer gleichzeitig ausgeführt." Mit der Aufhebung des Flurzwangs wurde die Einteilung überflüssig. Lagebezeichnungen dienen aber bis heute immer der verbesserten Lokalisierung von Flurstücken, sind aber kein notwendiger Bestandteil der eindeutigen Bezeichnung eines Flurstückes. Im "Verzeichnis der einzelnen Distrikts- und Gewannennamen der Gemeinde Pronsfeld" von 1882 - einer offiziellen Kartei mit endgültigem Charakter - fanden sich 188 Flurnamen. Viele verweisen auf die erste Besiedlung, andere sind jüngeren Datums. Durch Gebietsveränderungen und Eingriffe in das Landschaftsbild sind auch Flurnamen verschwunden, bei Sprachübertragungen wurde der Sinn oft verfälscht. Hahnplatz kommt von höhnen, nicht von Hahn

Eine örtliche Besonderheit war in Prüm der Hahnplatz. "Das hat nichts mit dem Federvieh zu tun", sagt Gerd Kaufmann: "Der Name rührt von Hohn, hier stand der Pranger und hier wurden Leute verhöhnt und geächtet." Auch der "Achterweg" nimmt Bezug auf diesen Zusammenhang. Ähnlich verhält es sich mit dem Kalvarienberg: "Hier stand der alte Kreuzweg, die Anhöhe war wie ein zweites Golgotha." Viele Taldörfer oder Siedlungen besaßen eine Mühle. Entsprechend oft finden sich dort Flur- und Wegenamen wie "Hinter der Mühle", "Auf der Mühlengasse" oder "Müllerweg". Benennungen wie "Im Lauterseifen", "Vor Kuhborn", "Auf Langenborn" oder "In der Laach" verweisen auf Quellen und Gewässer. "Paisch" ist abgeleitet von "pascum" und heißt "eingefriedete Wiese". In den Ortslagen gibt es demnach viele "Paischs", die auf ihre Besitzer hinweisen: "Ludespaisch" oder "Scholzenpaisch". Eine "Dell" steht meist für eine Senke oder ein Plateau auf einer Anhöhe. "In der Kirchdell" und "In der Galgendellt" bezeichnen Flure östlich von Pronsfeld. "Scheid" markiert eine Grenze, "Eicherich" verweist auf Baumbestand, "Steinrausch" auf Bodenmaterial und "In der Kaul" auf einen Steinbruch. Namen wie "Im Haselbüsch", "Bei der Honigsheck" oder "Hinter dem Kutschenfeld" lassen sich auf einen Weidebezirk oder Wald zurückführen. Geschichtlich interessant sind Namen wie "Masthorner Pfad", "Am Richtenpfad" oder "Beim Matzerather Kreuz". Sie weisen auf Wege hin. Diese führten zumeist in den Pfarrort und wurden auch "Messwege" genannt. Nicht selten markieren Kreuze als Orientierungshilfe den Verlauf solcher Wege, die ja auch nachts genutzt wurden. Bei Flurnamen wie "Auf Sillert", "Auf Heinsert" oder "In der Nöll" ist kaum ein Ursprung auszumachen.

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