Alte Fenster, moderne Verfahren

TRIER. Glas ist ein Werkstoff mit jahrtausendelanger Tradition. Moderne Techniken bieten vielfältige neue Möglichkeiten der künstlerischen Gestaltung.

Die Glaswerkstätten der Firma Binsfeld in Trier-Süd sind nicht nur Handwerksbetrieb, sondern auch Kunstatelier. Zwei Schwerpunkte bilden die Standbeine des Familienunternehmens, das von Hermann-Josef Dornoff in der dritten Generation geführt wird. Das ist sowohl die Restaurierung alter Kirchenfenster als auch die Glasmalerei. Die hatte es schon Firmengründer Franz Binsfeld besonders angetan. Neben Kirchengemeinden gehören auch öffentliche Einrichtungen und Firmen, die ihre Glasflächen individuell gestalten möchten, zu den Kunden der Werkstätten. In der Glasherstellung hat sich im Lauf der Jahrtausende viel verändert. Zuerst wurden Schmuck und Gefäße gefertigt, Fenster aus Glas gab es vereinzelt zwar schon in der Antike, ihre weite Verbreitung fanden sie jedoch erst mit der Gotik. Die Zusammensetzung des Materials hat sich ebenfalls gewandelt. "Der Trend geht weg vom Blei", sagt Hermann-Josef Dornoff. Optimierte Werkstoffe verbunden mit neuen Techniken erlauben Anwendungen, die noch vor Jahren undenkbar erschienen. Klebstoffe spielen dabei eine wichtige Rolle. "Heute ist es möglich, ganze Hallen nur aus Glas herzustellen. Auf einer Ausstellung wurde sogar schon die erste Ganzglastreppe vorgestellt", berichtet Dornoff. Auch die Farben gewähren den Künstlern nahezu jeden erdenklichen Spielraum. Glasemailfarben, die mit dem Pinsel aufgetragen werden, lassen sich im Ofen bei Temperaturen von 600 Grad Celsius einbrennen, aber auch das Verkleben von farbigen Scheiben mit Industrieglas ist möglich. Sandstrahl und Ätzung erzeugen zusätzliche Effekte. Sogar die Umsetzung fotorealistischer Motive ist machbar. Derzeit arbeitet die Firma Binsfeld an den Fenstern für die Jesuitenkirche in Trier. Die ersten Felder sind bereits montiert. Schlichte geometrische Formen, die den Innenraum in ein warmes Licht tauchen, ersetzen die alten schmucklosen Scheiben. Die Entwürfe dazu stammen von dem Soester Künstler Jochem Poensgen. Doch nicht nur in der Region, selbst in Thailand findet sich Glaskunst aus Trier. Für ein Museum gestaltete Dornoff nach einem Entwurf von Jakob Schwarzkopf die 300 Quadratmeter große Glaskuppel. Den Auftrag dazu erhielt er per Zufall, "wie im Lotto". Die Einladung nach Bangkok kam eines Tages per Telefon, und als er im Flugzeug saß, wusste der Trierer noch nicht einmal, worum genau es eigentlich ging. Der Bauherr hatte selbst in Deutschland studiert, setzte auf "Made in Germany". "In Thailand hätte dies niemand umsetzen können", erzählt Dornoff. Auf die Restaurierung von mittelalterlichen Kirchenfenstern hat sich die Firma ebenfalls spezialisiert. Nach einer genauen Analyse unter dem Mikroskop müssen die historischen Scheiben so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt oder ausgebessert werden. Auch diese Technik beherrschen nur wenige Betriebe. So wird dafür gesorgt, dass die alten Kunstwerke auch in Zukunft ihren Glanz behalten.

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