Die Porz ist eine Eifelerin

Ob Benetton-Klamotten, Rolex-Uhren oder Transrapid - die Chinesen kopieren beinahe alles, was im Westen munter nachgefragt wird und womit Geld zu verdienen ist. Jetzt haben es die fernöstlichen Kopierer sogar auf ein einheimisches "Heiligtum" abgesehen - die Viez-Porz.

 Firmenchef Walter Plein begutachtet seine noch ungebrannten Viez-Porzen. TV-Foto: Rolf Seydewitz

Firmenchef Walter Plein begutachtet seine noch ungebrannten Viez-Porzen. TV-Foto: Rolf Seydewitz

Speicher/Trier. Was dem Bayern sein Weißbier, ist dem Trie rer der Viez. Den durchgegorenen Apfelwein trinken Einheimische am liebsten aus der "Porz". Der schnörkellos-funktionale 0,4-Liter-Porzellanbecher wurde Jahrzehnte lang nur von einem kleinen Handwerksbetrieb in der Eifel hergestellt: den Kunstkeramischen Werkstätten Gebrüder Plein im Töpferort Speicher."Vor etwa 44 Jahren kam eine Trie rer Firma mit einer alten Zeichnung auf uns zu", erinnert sich Werkstätten-Chef Walter Plein. Darauf war unter anderem auch ein alter Viez-Becher zu sehen. "Wir haben die Porz dann rekonstruiert und das Modell bis auf den heutigen Tag nicht verändert", sagt Plein und erklärt, woher der Begriff "Porz" eigentlich stammt: "Das ist die Kurzform von Porzellan."Viel Handarbeit im Spiel

Aus Porzellanmasse, die aus Feldspat, Kaolin und Quarzsand besteht, wird die Original-Porz immer noch gemacht. Ein aufwendiger, über eine Woche dauernder Prozess, bei dem viel Handarbeit im Spiel ist - etwa wenn am Rohling die Gießnaht geglättet oder der Trinkrand ausgedreht wird. In der Stimme von Firmenchef Walter Plein schwingt Stolz mit, wenn er die Herstellung der nur in der Trierer Region erhältlichen Trinkgefäße erklärt, während er Besucher durch seine Werkstatt führt. Ein wenig betrübt ist der Eifeler allerdings, dass in letzter Zeit immer mehr "Porzen" auf dem regionalen Markt auftauchen, die ihren Vorbildern zwar ähnlich sehen, aber aus China oder Rumänien kommen. "Dagegen sind wir machtlos", sagt Plein, "wir haben keinen Patentschutz."Ob es sich um ein regionales Original oder um eine fernöstliche Kopie handelt, erkennen Viez-Fachleute wie der Trierer Fischers-Maathes-Experte Hanspeter Weiler dennoch sofort. "Zum einen sieht man's an der deutlich besseren Verarbeitung der Eifel-Porz", sagt Weiler, "zum anderen merkt man's am eingebrannten Warenzeichen auf der Unterseite des Bechers."Firmen-Chef Walter Plein demonstriert noch einen anderen Unterschied. Die aus Rumänien kommenden Viez-Porzen (Stückpreis etwa sechs Euro) sehen den Originalen (Stückpreis etwa acht Euro) zwar sehr ähnlich. Auch die Inhaltsangabe am Becherrand (0,4 Liter) stimmt überein. Nur: In die rumänische "Porz" passen knapp 0,5 Liter rein, wie Walter Plein mit einem Messbecher demon striert. Die Gäste einer Viez-Kneipe dürfte der ihnen zugute kommende Schanknutzen freuen, die Wirte weniger.Derweil hat Hans-Albert Becker gerade noch einmal mehrere hundert Viez-Porzen nachbestellt - in China. Die erste Lieferung der Becher mit dem Trierer Stadt-Logo und der Aufschrift "Nimmst du noch oder holst du schon?" ging weg wie warme Semmeln. "Vor allem an Einheimische", sagt der Geschäftsführer der Tourist-Information. Ist das nicht ein wenig ungewöhnlich, Trierer Viez-Porzen zu verkaufen, die in China gefertigt wurden? "Das ist eine rein finanzielle Frage", meint der Chef-Touristiker und verweist auf die nur etwa halb so hohen Bezugspreise im Reich der Mitte. Allerdings: Etwas ungewöhnlich findet inzwischen offenbar auch Becker den Porz-Import aus Fernost. Der Fremdenverkehrs-Experte will sich deshalb mit dem Speicherer Firmenchef Walter Plein in Verbindung setzen. "Vielleicht kommen wir ja ins Geschäft", sagt Becker, "ich hätte nichts dagegen." Sein Gesprächspartner aus der Eifel wohl auch nicht.

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