E-Werk als Keimzelle der Unterhaltungselektronik

HILLESHEIM. Firmengeschichte und Medienentwicklung: Familie Runge feiert das 75-jährige Bestehen ihres Radio- und Fernsehgeschäfts. In dieser Zeit wurde die Technik revolutioniert: von drei auf mehr als 500 Programme – von der UKW-Antenne zum digitalen Satellitenempfang. Außerdem steht die Familie Runge seit 62 Jahren für Kino-Unterhaltung. Die Filmauswahl in dem Programmkino wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.

"Im ehemaligen E-Werk neben der Molkerei hat 1930 alles angefangen. Mein Opa Franz war Chef des E-Werks und mein Vater hat als 23-Jähriger bei ihm dann einen Rundfunkgeräte-Handel mit Werkstatt eröffnet", erzählt Günter Runge aus der Geschichte des Familienunternehmens. Vater Hans Runge war ein Technik-Freak. Seiner Faszination verdankt die Region neben Umsetzer-Masten für den Fernsehempfang auch eines der ältesten Kinos: Seit 1943 flimmern Kultstreifen über die Leinwand der Eifelfilmbühne. Das Geschäft wurde wenige Jahre später vom E-Werk in die Aachener Straße verlegt, wo auch das Kinogebäude war. Rechts neben zwei imposanten Eingangsportalen war ein zweiter Laden, ein Hutgeschäft. Im ersten Stock wohnte die Familie. "Alle Arbeiter saßen mittags bei uns mit am Tisch und die Kunden kamen zum Bezahlen der Rechnung ins Wohnzimmer", erinnert sich der 53-jährige Radio- und Fernsehtechniker-Meister an seine Kindheit.Fernsehen in der Eifel dank Hillesheimer Erfindung

Die alten Rituale ließen Günter und Christine Runge im Jubiläumsjahr wieder aufleben. Sie suchten die älteste Rechnung des Betriebs. Das Rennen im Wettbewerb machte eine Kunde aus Berndorf. Am 13. Dezember 1954 hatte er ein Grundig-Radio für 395 Mark gekauft. "Damals gab es noch keine Mehrwertsteuer", sagt Christine Runge mit Blick auf den historischen Beleg. Ehemann Günter meint: "Das Gerät war echt klasse, mit viel Holz und dem magischen Auge." Der Kunde, der als Preis eine digitale Satellitenanlage einheimste, berichtete, dass er damals 50 Pfennig in der Stunde verdient habe und das Radio die erste große Anschaffung nach der Hochzeit gewesen sei. Als 1952 das Fernsehzeitalter anbrach, sorgte Firmengründer Hans Runge mit der Erfindung und dem Bau von Kanal-Umsetzer-Masten für Empfang in jedem Winkel der Eifel. Als er 1965 starb, führte Ehefrau Maria mit Hilfe der vier Kinder das Unternehmen weiter. Als 1967 das Farbfernsehen für Furore sorgte, ging Günter Runge als 15-Jähriger in die Lehre. Heute ist er selbst leidenschaftlicher Ausbilder. "Es macht einfach Spaß, das Wissen weiterzugeben und selbst ständig Neues zu lernen", meint der Chef von zehn Angestellten und einem Lehrling. Vertraut mit alter und neuer Technik, kann er einen großen Reparaturservice anbieten. "Als Problemlöser mit hohem technischen Know-how können wir uns heute auf dem Markt behaupten, denn mittlerweile verkauft ja jeder Supermarkt Radio- und Fernsehgeräte", sagt Runge. Im Herbst will er eine Ausstellung mit Geräten aus der 75-jährigen Firmengeschichte eröffnen. Runge: "Von der UKW-Antenne über die RTL-Antenne, als 1984 erstmals als viertes Programm Privatsender on Air gingen, weiter zum Parabol-Spiegel bis hin zum heutigen digitalen Satellitenempfang mit über 500 Programmen." Das Kino ist das Steckenpferd von Christine Runge. Seit 1994 wurde sie in mehreren Kategorien vielfach für ihre Programmauswahl ausgezeichnet. Gerührt erinnert sich die 51-Jährige an ihre Schwiegermutter: "Sie stand noch mit 84 Jahren an der Kinokasse und wenn zu einem kritischen Film, den ich ausgesucht hatte, nur sieben Zuschauer kamen, sagte sie: ,Besser als nur drei‘." Viele Stammgäste erinnern sich noch an die Seniorchefin. Und noch etwas erinnert heute an die Anfänge des Unternehmens: Die Telefonnummer 06593/212 ist nämlich die des alten E-Werks.

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