"Ein Haufen Geld, das wir nicht haben"

DAUN/BITBURG/PRÜM. Investieren oder in zweieinhalb Jahren den Betrieb schließen - vor diesem Dilemma stehen fast alle Hühnerhalter in der Region. Grund: Ab 2007 ist in Deutschland generell Käfighaltung verboten.

 Der Alleingang des deutschen Umweltministeriums zum Verbot der Hühner-Käfighaltung ab 2007 macht bei den regionalen Hühnerhaltern hohe Investitionen nötig: Als erster reagiert der Geflügelhof Lehnertz mit dem Neubau eines Stalls (Foto) für 10000 Hühner in Bodenhaltung. Die Anlage, die auf freier Flur einen Kilometer vom Ort entfernt liegt, macht auch Freilandhaltung möglich.Foto: Gabi Vogelsberg

Der Alleingang des deutschen Umweltministeriums zum Verbot der Hühner-Käfighaltung ab 2007 macht bei den regionalen Hühnerhaltern hohe Investitionen nötig: Als erster reagiert der Geflügelhof Lehnertz mit dem Neubau eines Stalls (Foto) für 10000 Hühner in Bodenhaltung. Die Anlage, die auf freier Flur einen Kilometer vom Ort entfernt liegt, macht auch Freilandhaltung möglich.Foto: Gabi Vogelsberg

"Wenn ich 15 Jahre älter wäre, würde ich dieses Risiko meiner Familie nicht antun. Mir darf in den nächsten Jahren nix passieren", sagt Lambert Lehnertz vom gleichnamigen Geflügelhof in Habscheid. Er reagiert als erster auf den "Künast-Alleingang" und baut einen neuen Stall für eine halbe Million Euro. "Die Legehennen-Wirtschaft ist der einzige landwirtschaftliche Bereich, der nicht subventioniert wird. Bei Kühen sieht es besser aus", ärgert sich der 37-Jährige. Er betreibt den Familienbetrieb, der vier Angestellte beschäftigt, in der dritten Generation. Für den Erhalt der Arbeitsplätze und seine fünfköpfige Familie hat Lehnertz einiges auf die Beine gestellt: "Jetzt ist alles perfekt. Wir werden die ersten sein, die Eier unter der Dachmarke ‚Eifel‘ verkaufen." Dafür muss er strikte Richtlinien einhalten und Liefermengen garantieren. Ab August werden die vier Sektoren seines neuen Stalls im Drei-Monats-Rhythmus mit jeweils 2500 Hühnern bestückt. Bis Sommer 2005 wird Lehnertz parallel dazu die bisherige Käfighaltung betreiben. Der neue Stall, fast einen Kilometer vom Ort entfernt, ist nach modernster Technik für Boden- und Freilandhaltung ausgestattet. Es gibt einen überdachten Außenbereich. Und im kommenden Jahr wird das Gelände eingezäunt, so dass noch mehr Freigelände nutzbar wird. Für die Wasserversorgung - im Sommer brauchen 10 000 Hennen täglich 2000 Liter - hat Lehnertz eigens einen Brunnen bohren lassen. Über die Vermarktung unter der Dachmarke "Eifel" hofft er auf einen guten Start. Der bisherige Marktweg, der zu 90 Prozent über Verkaufswagen laufe, werde sich verschieben. Lehnertz' Kollege Michael Scholtes aus Körperich ist noch hin und her gerissen: "Ich bezahle noch am Stall, den ich 1998 gebaut habe, und soll jetzt schon wieder da raus gehen." Er spekuliert auf eine weitere Variante der Hennenhaltung, die beim so genannten "Osnabrücker Hühnerfrieden" im März bei der Agrarministerkonferenz beschlossen wurde. Danach soll eine neue Kleinvoliere getestet werden. "Aber auch das ist wieder nur deutsch und nicht EU-weit geregelt", sagt der Unternehmer mit einem Stamm von 1100 Kunden. Scholtes hält die Käfighaltung für optimal: "Krankheiten wie Geflügel-Rotlauf oder Pocken schienen ausgerottet, treten aber bei Boden- und Freilandhaltung wieder vermehrt auf." Das bestätigt auch das Bitburger Kreisveterinäramt: "Der Infektionsdruck wird vornehmlich in Großbeständen bei Boden- und Freilandhaltung deutlich steigen.""Verbraucher wird für unmündig erklärt"

Hühnerfarmer Werner Wirtz aus Gilzem macht seinem Ärger Luft: "Der Verbraucher wird mit den deutschen Vorschriften ja für unmündig erklärt. Dabei hat er ja nach der Stempelung die Wahl, Eier nach seinem Portemonnaie und seiner Gesinnung zu kaufen." Durchschnittlich drei Cent mehr als eines aus der Legebatterie kostet ein Ei aus Bodenhaltung. Wirtz hält "ein paar Tausend Hühner", je zur Hälfte im Käfig und im Freiland. Seine Farm komplett auf Freiland umzustellen, scheitert an Platzmangel. Kurt Gilles aus Habscheid setzt derweil aufs Abwarten. Der 61-Jährige sagt: "Für mich steht das Rentenalter an und wenn eines der Kinder weitermachen will, kann der Betrieb umgerüstet werden." Karl-Heinz Weinand aus Niederprüm ist nach Meinung seiner Kollegen "der größte Betrieb eifelweit" mit acht Teilzeitbeschäftigten. Der 60-Jährige spekuliert nicht auf die Rente. "Wir haben ausschließlich Käfighaltung", sagt er, "eine Umstellung kostet einen Haufen Geld, das wir nicht haben." Weinand hofft auf den Erfolg einer Klage, die niedersächsische Kollegen vor dem Bundesverwaltungsgericht angestrebt haben. Danach sollen die Länder zu Entschädigungszahlungen "wegen dem kurzfristigen, deutschen Alleingang" gezwungen werden. Außerdem fordert Weinand eine Importquote für Eier, wie die Schweiz es vormache. Das würde der Einfuhr von Billig-Eiern aus Polen, Belgien oder den Niederlanden einen Riegel vorschieben. Als einziger Hühnerhalter aus der Region braucht sich Karl-Heinz Janshen aus Ellscheid keine Sorgen wegen der neuen Gesetze zu machen: Seit zwölf Jahren hält er ein Viertel seiner 10 000 Hennen im Freiland und den Rest in Bodenhaltung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort