Eine Auszeit vom Alltag

RINGHUSCHEID. Vom Modeatelier für Prominente im Rheinland in ein uraltes Eifeler 100-Seelen-Dorf: Dort erfüllt sich eine 52-jährige Designerin einen Kindheitstraum.

Schon von Kindesbeinen an hatte Evelyne Wiertelarz ein Faible für alte Gemäuer: "Ich wollte immer in einem Schloss oder einer Burg leben." Jetzt ist die gebürtige Dortmunderin am Ziel - auch wenn ihr Domizil im Haus Pondrom von den Ausmaßen her deutlich bescheidener ist. Das für ein Eifeldorf ungewöhnlich geräumige Haus wurde von einer luxemburgischen Familie namens Pondrom begründet. Es beherbergte schon einen Kindergarten, ein Feldlazarett, einen Tante-Emma-Laden und die Dorfkneipe samt Tanzsaal. Nach 170 Jahren wechselvoller Geschichte bietet das Haus Pondrom nun Menschen, die eine kreative oder unbeschwerte Auszeit von der Alltagsroutine suchen, Platz. "Ich bin keine Hotelfachfrau, keine ausgebildete Köchin und keine Restaurantfachfrau", rückt Evelyne Wiertelarz die Verhältnisse klar, auch wenn sie - wie das Gästebuch verrät - offenbar alle drei Sparten hervorragend beherrscht. Sie versteht sich schlicht als Gastgeberin, die ihre Besucher wie gute Freunde oder Bekannte verwöhnt - wenn auch das Haus Pondrom kein gewöhnliches Hotel mit einem gewöhnlichen Restaurant ist.Tagungen, Literaturabende und Herz-Yoga

Nicht nur Touristen aus Benelux und den Ballungsräumen kommen in das idyllisch gelegene Gästehaus. Auch regionale Firmen nutzen die mit Antiquitäten eingerichteten Räume für Seminare oder Feiern. Literaturabende oder Informationsveranstaltungen - etwa zu Herz-Yoga - hat Evelyne Wiertelarz ebenfalls schon angeboten. Besonders freut sie daran die Erfahrung, dass "es funktioniert, weitab jeder größeren Stadt etwas Ungewöhnliches auf die Beine zu stellen". Kreativ sein wollte sie schon immer: Nach einer Schneiderlehre und einer Ausbildung zur staatlich geprüften Modedesignern an der Modeschule Düsseldorf hatte Wiertelarz bei Bonn ein eigenes Atelier, wo sie vor allem für Prominente edle Outfits schneiderte. Anschließend arbeitete Wiertelarz als Produktmanagerin für Sportstätten-Prallschutz in der Firma ihres Ehemanns und entwarf farbige Wandgestaltungen. Aus gesundheitlichen Gründen wollten jedoch beide ein anderes Leben beginnen. Das ideale Heim dafür fanden sie in der Eifel. Für traute Zweisamkeit war das Haus jedoch zu groß, also wurde die Idee des Gästehauses geboren. "Dann habe ich hier alles selbst entworfen, gesägt, lackiert...", erzählt Evelyne Wiertelarz von turbulenten und arbeitsreichen Anfangsjahren. Jeder Raum hat seinen eigenen Stil. Alle Farben und Stoffe der Dekoration sind aufeinander abgestimmt, jedes Badezimmer ist ein Unikat mit fantasievoll zusammengestellten Fliesen und Spiegeln. Das Kochen für ein Restaurant hat sie sich selbst beigebracht. Aber immer wieder geht Wiertelarz bei Gourmetköchen für ein paar Tage in die Lehre. "Ich brauche mein eigenes Tempo und muss selbst ausprobieren können, was ich anders machen möchte", beschreibt sie die Entwicklung ihrer Menüs, die sie gern vielseitig zubereitet: "Ich mache viel ‚aus dem Bauch heraus' - es sollte für die Gäste wie für uns niemals zum Stress werden." Behaglichkeit und Geborgenheit will sie vermitteln. Dazu gehört eine persönlichere Beziehung zu den Besuchern als sonst in Hotels üblich. Einer attestierte ihr im Gästebuch, er habe bei ihr "klaren Verstand gepaart mit wärmendem Herzen" gefunden. Ein anderer schreibt gar von einem "großen Geben und Nehmen". "Die Ursprünglichkeit der Eifel gibt mir die notwendige Gelassenheit und positive Lebenseinstellung", beschreibt Wiertelarz dankbar die größte Ressource ihrer neuen Heimat.

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