Eine Chance für den Nachwuchs

WITTLICH/BITBURG/GEROLSTEIN. Erfolgreiche Lehrstellenaktion am Freitag in der Eifel: Von 58 noch suchenden Jugendlichen boten Kammern und Agentur für Arbeit 33 eine Ausbildungsstelle an. Weitere 19 wurden für Praktika oder Berufsvorbereitung vorgemerkt. Jessica Metzdorf aus Gerolstein hat am Samstag schon einen Tag zur Probe gearbeitet.

"Es war ja nur ein Reinschnuppern. Es wäre echt toll, wenn ich noch Angebote von weiteren Firmen kriegen würde", wünscht sich Jessica Metzdorf. Die 17-Jährige hat Mittlere Reife und möchte Frisörin oder Arzthelferin werden. Den Grund, warum sie trotz 60 Bewerbungen bisher keine Lehrstelle gefunden hat, machen die Experten von der Agentur für Arbeit (AA), der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK) und der Handwerkskammer (HWK) an einer abgebrochenen Ausbildung als Krankenschwester fest. HWK-Berater Karl-Heinz Schwall: "Es war intelligent, dass sie sich umorientiert hat. Aber das hat dazu geführt, dass sie den Anschluss verpasst hat. So bleiben auch gute Jugendliche auf der Strecke". Seine Kollegin von der IHK, Alexandra Lossjew, ergänzt: "Sie hat es verdient, dass wir für sie das Bild wieder gerade rücken". Metzdorf hatte im November 2003 die Lehre als Krankenschwester abgebrochen. Sie gibt ein Beispiel aus dem Alltag im ausbildenden Krankenhaus: "Ich musste in der Herzchirurgie auf einen alten Mann aufpassen, und als ich bei den erfahrenen Schwestern um Hilfe bat, kam keine. Ich war total überfordert". Intensive Gespräche mit dem Ausbilder hätten nichts gebracht. Zwei weitere Auszubildende hätten zeitgleich auch abgebrochen. HWK-Berater Gregor Schwindling: "Das war doch total unmöglich. Das wäre so, als wenn man einen KFZ-Lehrling an einen Totalschaden stellt. Und hier kommt noch die psychologische Komponente hinzu, weil der alte Patient später verstorben ist.""Sie ist sofort in die Gänge gekommen"

Sofort hat sich Metzdorf bei AA-Berufsberater Arno Schmidt gemeldet. Immer wieder gab er ihr neue Adressen, damit ein Neubeginn im Sommer klappen würde. Jessica Metzdorf suchte eigenständig weitere Anschriften im Internet oder der Zeitung. Schmidt: "Sie ist sofort in die Gänge gekommen, aber alle 60 Betriebe haben nach Aktenlage entschieden. Wegen des Abbruchs wurde sie unberechtigterweise abgestempelt." Jessicas Mutter, Manuela Metzdorf, beschreibt die Situation in der Familie: "Es ist total enttäuschend. Vor allem weil wir von ihr verlangt haben, dass sie die Mittlere Reife macht. In der Hoffnung, dass sie es leichter hat". Leise Hoffnung keimte erneut auf, als Jessica die Einladung zur Chancenbörse am vergangenen Freitag erhielt. Sie will nicht aufgeben, jedoch auch nicht weiter zur Schule gehen, sondern eine Ausbildung machen. HWK-Experte Schwall lobt sie ausdrücklich: "Jessica ist ein Lehrling, wie wir ihn uns wünschen. Sie ist selbst aktiv geworden und hat zur Überbrückung sogar einen 400-Euro-Job angenommen, damit sie niemandem auf der Tasche liegt".

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