In der Werkstatt an Europa denken

WEINSHEIM. "Wie geht es weiter mit der Europäischen Union?" Viele Menschen stellen sich diese Frage, aber nur wenige haben eine Antwort. In der Reihe "Europa im Betrieb" machten sich Auszubildende der Firma Stihl AG und die Europaabgeordnete Christa Klaß auf die Suche nach Antworten.

Bürokratie, Bürgerferne und Gesetzesdschungel sind Schlagwörter, die gerne mit der Europäischen Union in Verbindung gebracht werden. Wie funktioniert Europa aber wirklich? Um junge Menschen fit für Europa zu machen, hat die Europäische Kommission die Veranstaltungsreihen "Europa in der Schule" und "Europa im Betrieb" ins Leben gerufen.Von Politikverdrossenheit keine Spur

Entstanden ist die Idee 2003, als die Osterweiterung der Union näher rückte. "Damals hatten viele Menschen Fragen zu den neuen Mitgliedsstaaten und einem erweiterten Europa", erinnert sich Sandra Roling von der Agentur "Plato Kommunikation", die die Diskussionsrunden im Auftrag der Kommission organisiert. Dass diese Fragen junge Menschen immer noch bewegen, zeigte das Gespräch der Auszubildenden im Gespräch mit der Europaabgeordneten Christa Klaß (CDU), die für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) seit 1994 im Parlament vertreten ist. Auch wenn bei Jugendlichen Politikverdrossenheit ein oft zitiertes Problem ist, war davon in der Diskussionsrunde nicht viel zu spüren. Die Stihl-Lehrlinge hatten sich gründlich vorbereitet. "Wird es irgendwann nur noch eine Amtssprache geben?", "Wie steht es um die Sicherung der EU-Grenze?" und "Wann kommt der Euro für die neuen Mitgliedstaaten?" lauteten einige der Fragen - von Desinteresse an Europa keine Spur. In Christa Klaß saß den Jugendlichen eine geeignete Gesprächspartnerin gegenüber. Lebendig und mit Anekdoten gespickt erzählte sie vom Alltag im Europäischen Parlament. So erfuhren die Teilnehmer, warum die Italiener unbedingt den Ein-Euro-Schein wollen, und dass in Brüssel eine italienische Dolmetscherin einer deutschen Abgeordneten gelegentlich etwas Französisches ins Englische übersetzt. Eine Frage brannte allen Auszubildenden unter den Nägeln: "Wird mein Ausbildungszeugnis in ganz Europa anerkannt?" Die Abgeordnete gab zu, dass in diesem Punkt noch einiges im Argen liege: "Leider sind die Ausbildungsstandards in Europa uneinheitlich. Ihr bekommt hier eine hervorragende Ausbildung, aber in Frankreich ist die Lehre zum Beispiel ganz anders zu bewerten." Das sei ein Problem, an dem die EU arbeiten müsse, sagte Klaß. Die Jugendlichen berichteten von positiven Dinge über Europa: "Ich finde es toll, wieviel die EU für die Jugendförderung macht", sagte eine Auszubildende. Eine Erkenntnis nahmen die Teilnehmer auf jeden Fall mit zurück in die Lehrwerkstatt: Auch wenn Brüssel manchmal weit weg erscheint, ist die EU im Alltagsleben doch stets gegenwärtig. Grund genug also, sich ein paar Gedanken über Europa zu machen.

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