Meisterliche Superstars

TRIER/BITBURG/DAUN. 223 Handwerksgesellen aus der Region haben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Stier bei den Hörnern gepackt und ihre Meisterprüfung erfolgreich abgelegt. In der Trierer Europahalle erhielten sie in feierlichem Rahmen ihre Meisterbriefe aus den Händen des Handwerkskammer-Präsidenten und des Trierer Bischofs.

"Versuche, dich nicht zu ärgern. Versuche nicht, Probleme zu wälzen, die dich aufregen. Wir müssen es nur angehen, dann schaffen wir es auch." Programmatischer als mit diesen ersten Zeilen des Songs "Everything's alright" aus dem Rockmusical "Jesus Christ Superstar" könnte eine Meisterfeier wohl kaum beginnen. Neben der optimistischen Handlungsanweisung sorgt die Band, die das 70er-Jahre Musical in der vorigen Saison im Trierer Theater aufgeführt hat und die Meisterfeier in der Europahalle musikalisch umrahmt, mit rockig-lauten Gitarrenklängen dafür, das leicht angestaubte Image des Meister-Titels aufzupolieren. Denn der Meisterbrief soll kein Fossil sein aus Zeiten, in denen er Voraussetzung für die Selbständigkeit war. Seit nur noch in 41 von einst 94 Handwerksberufen das Dokument vorgeschrieben ist, um einen Betrieb führen zu dürfen, wird ein Wertewandel vorangetrieben: "Der Meisterbrief ist nicht in erster Linie ein Berechtigungsschein, sondern ein Kompetenznachweis, der auch in Zukunft vielfältige Karrierechancen eröffnet", betont der Präsident der Trierer Handwerkskammer, Hans-Josef Jänschke, in seiner Ansprache. Er tat dies nicht, ohne vorher eine "besorgniserregende Tendenz zur Dequalifizierung" zu prognostizieren, die durch die "kaum nachvollziehbare politische Entscheidung" entstanden sei, in einigen Gewerken Existenzgründungen ohne Meisterbrief zuzulassen."Wann waren die Zeiten mal nicht schwierig?"

Als Festredner hat die Handwerkskammer Bischof Reinhard Marx eingeladen. Eigentlich sei der Titel seiner Rede ja "Gott und die Welt", kündigt der, der sich nur zu gerne deutlich zu sozialpolitischen Fragen äußert, eine Abweichung von seiner vorskizzierten Rede an. "Wann waren die Zeiten mal nicht schwierig?", reagiert Marx auf die Eröffnungsrede von Jänschke. Wichtig für Erfolg im beruflichen Leben sei allein die Bereitschaft, sich einzusetzen, Leistung zu bringen, seine Fähigkeiten zu nutzen. Marx betont, dass das biblische Menschenbild in diesem Zusammenhang sehr aktuell sei: Das Alte Testament beschreibe nicht einen betreuten, einen nach Vorschriften lebenden Menschen, sondern einen selbst verantwortlichen mit Eigeninitiativen. "Diese Würde ist essenziell", sagt Marx. Der Meisterbrief sei allerdings ein wichtiges Signal dafür, dass man bereit sei, sich einzusetzen und begriffen habe, dass es auf einen selbst ankomme. Mit 223 jungen Leuten haben rund 50 Prozent mehr Handwerker ihre Meisterprüfung in diesem Jahr abgelegt als im vorigen. Jedoch ist nicht allein eine von der Handwerkskammer prophezeite gesteigerte Wertschätzung Grund für diesen Zuwachs. Nach einer Gesetzesänderung werden jetzt auch Handwerker, die den Meistertitel berufsbegleitend erwerben, mit bis zu 35 Prozent der Kosten bezuschusst. "Der Meisterbrief ist der berufspolitische Führerschein, der ihnen helfen wird, berufliche Probleme in der Zukunft zu meistern", sagte HWK-Haupt-Geschäftsführer Hans-Hermann Kocks den jungen Handwerkern voraus, von denen sich rund 50 Prozent in absehbarer Zeit selbständig machen wollen. Eine rosige Sicht der Dinge: Im vorigen Jahr machten 277 Betriebe in der Region Trier Pleite, 33,8 Prozent mehr als im Jahr 2002.

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