Neustart mit Dünnbier

BITBURG. (ako) Vor dem Krieg stieg die Nachfrage nach dem Gerstensaft. Doch dann legten 65 Bomben, die auf das Brauereigelände fielen, die Produktion lahm. Zudem blieben in den Kriegswirren etliche Mitarbeiter verschollen. Dank des Zusammenhalts der Familie Simon und ihrer Angestellten schaffte der Betrieb den Wiederaufbau.

Wie für viele Betriebe im Bitburger und Prümer Land brachte der Westwallbau auch der Brauerei der Familie Simon einen regelrechten Absatzboom: Die zusätzlich in der Region eingesetzten Arbeitskräfte hatten Durst. Doch bald waren die Grenzen der Braukapazität erreicht. Sie auszuweiten war unmöglich, da zwangsweise jeglicher Maschinenbedarf allein auf Kriegszwecke ausgerichtet wurde. So entschloss sich das Unternehmen notgedrungen, keine neuen Kunden mehr anzunehmen. Doch der Beginn der Bombardierungen der Alliierten sorgte für einen Einbruch beim Bierkonsum: Viele Gaststätten wurden zerstört, in die Kneipen hat sich kaum noch einer gewagt. Zudem waren nicht nur Hanns und Bert Simon an der Front, sondern auch 63 Mitarbeiter des ursprünglich 140 Mann starken Betriebs. Von ihnen kehrten nach dem Krieg nur 32 nach Bitburg zurück. Mangel kennzeichnete die Produktion: Die Lastwagen für den Vertrieb waren beschlagnahmt, Fässer gab es zu wenige und auch die pflanzlichen Rohstoffe wie Gerste und Hopfen wurden rar. Als Weihnachten 1944 der große Bombenangriff auf Bitburg kam, blieben bei der Brauerei nur das Sudhaus, die Maschinenhalle und der Schornstein halbwegs intakt. Der Saalbau neben dem Brauereiausschank aus dem Jahr 1906 wurde völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut, die Fasshallen und das Verwaltungsgebäude brannten lichterloh. Eine der Bomben ist Teil der Ausstellung "Trümmerzeit" im Kreismuseum. "Der Versuch, die Brände mit Bier zu löschen, scheiterte", steht in der Chronik der Bitburger Brauerei. Fast 80 Prozent der für den Transport benötigten Fässer waren zerstört und die Kältemaschine, ohne die das Bier nicht gekühlt werden kann, war nicht mehr nutzbar. Unternehmensarchivarin Katharina Dehnke hat die Kriegszeit und den Wiederaufbau von Ilse Simon geschildert bekommen: "Mit viel Mut und Beharrlichkeit ging sie daran, Passierscheine für den Monteur der Firma Linde zu besorgen, der die Kältemaschine reparierte. Er musste aus einer anderen Besatzungszone kommen." Schon zu Ostern gelang es Ilse Simon, den Betrieb so weit wieder auf die Beine zu stellen, dass Bier gegen Brot oder Zigaretten getauscht werden konnte. "Die Verbundenheit mit der Region zeigte sich darin, dass zahlreichen Einwohnern Bitburgs auf dem Forstgut Merkeshausen, das der Familie gehörte, vor den Bomben Zuflucht gewährt wurde", erzählt Dehnke. Anfang Juni gab es wieder Eis, das aus der Kältemaschine gezogen wurde. Einen Monat später beschlagnahmten die nun französischen Truppen wichtige Maschinen, viele Mitarbeiter wurden zum Trümmerräumen abkommandiert. Bereits im August gelang es aber, so genanntes Dünnbier auf den Markt zu bringen, bevor 1949 wieder vollwertiges Bitburger Pils gebraut wurde. Damit begann der neue Aufschwung. Zusätzlich zur Ausstellung "Bitburg im Zeitraffer" sind im Besucherzentrum der Brauerei Bildmaterial und andere Originalexponate von 1900 bis 1944 zu sehen. Die vom TV präsentierte Ausstellung "Bitburg im Zeitraffer" ist noch bis zum 28. Februar in Schaufenstern der Geschäfte in der Bitburger Innenstadt zu sehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort