Nicht nur Profit im Auge haben

BITBURG. Nicht allein am schnellen Profit sollten sich Unternehmen orientieren, wenn sie dauerhaft Erfolg haben und Nutzen bringen wollen. Die neue Wertediskussion stößt beim Mittelstand auf großes Interesse.

Auf den ersten Blick ist ein Betrieb lediglich dazu da, für die Besitzer Gewinne einzufahren. Dass diese Definition viel zu kurz greift, ist vielen in den vergangenen kritischen drei Jahren klar geworden, auch Führungskräften. Manfred Sliwka, Unternehmensberater aus Niederscheidweiler, ist auf Initiative der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier in der Region zu diesem Themenkomplex unterwegs. Nun machte er in Bitburg Station, wo rund 100 Firmenchefs und Selbstständige wissen wollten, wie man sich umfassender und neu orientiert. In der Gesellschaft mit Freizeitmentalität herrsche derzeit ein Wertedilemma, begründete Sliwka seine Ausführungen, da die bisherigen Eckpfeiler Kirche oder Nation nicht mehr wirkungsvoll Werte vorgeben könnten. Dennoch funktioniere es nicht, ein Unternehmen ohne solch eine tief greifende Sinnhaftigkeit zu führen. Sliwka, Mitglied im internationalen Club of Vienna, der sich mit Fragen von Entwicklung, Ressourcen und Nachhaltigkeit in einer modernen Welt befasst, entwickelt "Wertelandschaften" für Unternehmen auf der Basis der naturwissenschaftlichen Evolutions- und Systemtheorie. Was auf den ersten Blick kompliziert klingt, lässt sich auf den Nenner "Gedeihen des Lebens in Vielfalt und Fülle" bringen: Nicht der Stärkste überlebt, wie ein falsch verstandener Darwinismus lehrt, sondern der am klügsten an die wechselnden Bedingungen Angepasste. Sliwka überträgt diese naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf das komplexe Wirtschaftsleben bis hinunter auf die Details der Klein- und Mittelstandsunternehmen, die seine Zuhörerschaft bei den IHK-Veranstaltungen sind. Er benennt sieben Ebenen der Führung, auf denen in Betrieben Kreativität, Kundenbindung, strategisches Denken und letztlich auch der materielle Erfolg beruht.Beratung wahrnehmbarer machen

Lothar Philippi, der die Bitburger IHK-"Vor Ort"-Veranstaltung begleitete, ist sehr zufrieden mit der Resonanz auf die neue Strategie der Kammer, eben nicht im "stillen Kämmerlein" zu agieren, sondern in die Region hinaus zu gehen. "Dadurch ist eine gute Netzwerkbildung möglich geworden und wir signalisieren, dass unser Ziel der Blick über den Tellerrand ist", resümiert er das bisherige Ergebnis der gut besuchten Veranstaltungen, die mit anderen Referenten auch Arbeitsrecht für Unternehmer oder Kundenbindungsinstrumente zur Sprache brachten. Bei Sliwka lobt er die Verbindung von philosophischer Tiefe mit Praxistauglichkeit auch für kleine Familienbetriebe: "Da war in Sachen Werte zum Beispiel ganz konkret ein Problem, dass Kunden von qualifizierten Einzelhändlern Beratungskompetenz abrufen und dann doch beim Discounter kaufen - eine Strategie dagegen könnte sein, Beratung wahrnehmbarer zu machen." Sliwka belässt es nicht bei der Kritik am Bestehenden, sondern er appelliert an die Selbstverantwortung der Handelnden: "Unsere Fähigkeit, diese Welt verantwortungsbewusst weiterzuentwickeln, ist der höchste Wert, den wir besitzen. Lassen Sie uns diese Fähigkeit intelligent nutzen, damit das Leben in Vielfalt und Fülle gedeiht." Dazu gehört auch, auf der materiellen Ebene den Ertrag zu ernten. Doch ein gesundes Unternehmen beginne ebenso in den Köpfen der Führungskräfte wie im extremen Gegenteil die Pleite: "Wenn die zentrale Leistungsidee nicht in Ordnung ist, wird von da aus das System beschädigt."

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