"Wenn Steine reden könnten"

PRÜM/FERSCHWEILER. Volkssport Wandern: Tausende sind am Wochenende in die Eifel gekommen, um zum 106. Deutschen Wandertag die Region zu erkunden. Der TV hat eine Gruppe bei ihrer abwechslungsreichen Exkursion auf dem Ferschweiler Plateau in der Südeifel begleitet.

Ein Friedhof mitten im Wald: Vereinzelt blinzelt Sonnenlicht durch das dichte Blätterdach. Wuchtige Felsbrocken, einige davon mit eingemeißelten Ornamenten verziert, liegen im Schatten. "Hier sind vor sehr langer Zeit wahrscheinlich Tote verbrannt worden", sagt Wanderführer Arnold Schramen und deutet auf eine in Stein gehauene Mulde, in der man sich gut einen Menschen vorstellen kann. Auf rund 1800 Jahre werde das Alter der keltischen Kultstätte - unweit des Eifelorts Ferschweiler - geschätzt. "Wenn Steine reden könnten", sinniert Waldemar Wagner, ein alter Wanderveteran, der extra aus dem Saarländischen Schaffhausen angereist ist, um dabei zu sein. Auf den Spuren römischer Vergangenheit

Vor einer Stunde ist die achtköpfige Gruppe in Ferschweiler aufgebrochen. Jetzt geht es auf gut ausgebauten Forstwegen durch prächtige Mischwälder weiter. Die Temperatur ist trotz strahlend blauem Himmel und sengender Sonne angenehm - der Wald mit seinem Blätterdach hat die Wirkung einer überdimensionalen Klimaanlage. Der 75-jährige Schramen fühlt sich hier richtig wohl. Im Wald kenne er sich aus, schließlich sei er im Berufsleben Forstarbeiter gewesen, so der Wanderführer, der sich seit über zehn Jahren aktiv im Eifelverein engagiert. Die Gruppe ist am nächsten Ziel angelangt: Ein drei Meter hoher und von Moos überwucherter Felsquader - das Diana-Denkmal aus der Zeit 600 nach Christus. Doch von der römische Jagdgöttin sieht man nichts. Wahrscheinlich wurde die Statue vom Sockel geschlagen, als das Christentum die heidnische Götterverehrung in der Region ablöste, mutmaßt Schramen. Eine auf dem Felssockel in Stein gemeißelte Inschrift verrät mehr über den Ursprung des Denkmals: Hier steht in lateinischen Lettern, dass Quintus Postumius das Denkmal errichtet habe, um Diana ein Versprechen zu erfüllen. "Der Römer hat wohl besonderen Erfolg bei der Jagd gehabt", erklärt Schramen. Rehe, Hirsche, Füchse und Hasen, vor allem aber Wildschweine gebe es heute in der Region. "Letztere nehmen langsam sogar Überhand", sagt der Wanderführer beim Weitergehen. Nach einiger Zeit öffnet sich plötzlich der Wald und die Wanderer erblicken einen wunderschön im Hang liegenden Park - Schloss Weilerbach ist erreicht. Hohe Felswände türmen sich am Wegesrand

Dort trifft die Gruppe Dagmar Lübeck. Die Frau trägt einen schicken, beigefarbenen Hosenanzug und steht vor einem lichtdurchfluteten, mit Blumen festlich hergerichteten Pavillon. Sie muss gleich arbeiten - als Standesbeamtin der Stadt Irrel. Es ist ihre dritte Trauung heute. Doch lässt sie es sich nicht nehmen, den Wandersleuten im Pavillon einen hinter zwei unscheinbaren weißen Türen verborgenen Gang zu zeigen. "Eine Legende besagt, dass es vom Schloss einen drei Kilometer langen unterirdischen Gang bis zur Abtei Echternach gibt", berichtet Lübeck. Am liebsten würde die Gruppe auf Entdeckungstour gehen, aber das Brautpaar ist im Anmarsch. Nach einer kurzen Rast mit kühlem Bier in der Schlossschenke geht es nochmal steil bergan zum letzten Abschnitt der Wanderung: dem Ferschweiler Felsenpfad. Links und rechts des engen Weges türmen sich meterhohe Felswände - ein Paradies für Kletterer. Nach rund 15 Kilometern und mehr als fünf Stunden erreicht die Gruppe wieder ihren Ausgangspunkt: Den Eifelort Ferschweiler. Andreas Werle aus Wattenheim (Pfalz), der mit seinen beiden elf und acht Jahre alten Söhnen dabei war, ist begeistert: "So kann man seinen Kindern fernab von Computer und Schule die Wirklichkeit zeigen."

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