Wohlfühlklima ohne Heizung

TRIER. "Passiv21" heißt ein Zusammenschluss von Handwerkern, Kaufmännern und Ingenieuren aus der Region. Knapp 40 Passiv-Häuser hat das Team bis jetzt in der Region gebaut. Auf der LGS präsentiert die Handwerkskammer in Zusammenarbeit mit dem Profi-Team diese heizungslose Bauweise der Zukunft mit einem Musterhaus.

20,5 Grad. Überall. Direkt neben der großen Fensterscheibe. Kurz unter der Zimmerdecke. Knapp über dem Fußboden. "Bei konventioneller Bauweise hat man unweigerlich einen Kältedamm vor den Fenstern oder einen Wärmestau unter der Raumdecke", sagt Herbert Bee von der Passiv21 GmbH und hält sein elektronisches Thermometer in der Mitte des Zimmers in die Höhe. "Aber in einem Passiv-Haus ist es überall gleich warm." Und weil es keine Temperatur-Gefälle zwischen den Zimmern gibt, hat man auch nirgends im Haus das Gefühl, dass es zieht. "Wohlfühlklima" nennt Herbert Bee das. Die Luft im Passiv-Haus riecht, als würde irgendjemand gerade großzügig lüften und frische Frühlingsluft von draußen herein lassen. Aber die großen Fenster sind alle fest verschlossen. "In Drei-Stunden-Intervallen wird die Raumluft komplett über die Lüftung ausgetauscht", erklärt Passiv-Haus-Experte Bee. Schimmelbefall - der in vielen herkömmlichen Häusern durch mangelndes Lüften entsteht - könne so gar nicht erst entstehen. Die permanente Umwälzung macht das Lüften über geöffnete Fenster unnötig. Dass Fenster bei Bedarf geöffnet werden, ist beim Passiv-Plus-Haus natürlich trotzdem möglich. Nur ein zu großer Wärmeverlust sollte verhindert werden. Denn das Passiv-Haus hat keine Heizung.Hohe Ölpreise sensibilisieren

"Durch Menschen, Glühbirnen, elektrische Geräte und beim Kochen wird soviel Wärme abgegeben, dass man keine zusätzliche Heizquelle braucht", sagt Bee. "Man muss nur darauf achten, dass einem diese Wärme nicht verloren geht." Spezielle Dämmmaterialien, Türen und Fenster sorgen dafür, dass das Passiv-Haus "dicht" ist. Frische Luft bringt die Lüftungsanlage: Kühle Außenluft heizt die Anlage über einen Wärmetauscher durch die abströmende, verbrauchte aber warme Luft auf. 95 Prozent der Wärme gehen dabei auf die Frischluft über. Gemeinsam machen Dämmung und Wärmetauscher eine Heizungsanlage unnötig. "Energiesparen war ein bisschen in Vergessenheit geraten", sagt Hans-Hermann Kocks, Geschäftsführer der HWK Trier, die den Bau des knapp eine Million Euro teuren Hauses mit ermöglicht hat. "Aber jetzt sind alle wegen der hohen Ölpreise sensibilisiert und wir stoßen auf äußerst großes Interesse bei unseren Besuchern."Einzigartig in Deutschland

Dabei trägt das Passiv-Haus auf der LGS sogar noch ein "Plus" im Namen. Denn zu dem Kriterium, nur ein sehr geringes Maß an zusätzlicher Energie zu benötigen, kommen gleich mehrere "Plus", die das Haus zu einem High-Tech-Gebäude machen: Der große Wintergarten ist mit Raumfahr-Technik verglast. Die Solaranlage auf dem Dach produziert mehr Strom, als im Haus für Licht, Fernsehen und elektrische Geräte verbraucht wird. Haustür, Fenster, Türen, Treppe und Boden sind aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Am Passiv-Plus-Haus waren neben der Passiv21 GmbH weitere Handwerksbetriebe aus der Region beteiligt. "In Seminaren haben wir unsere Betriebe in der zukunftsträchtigen Bauweise geschult", sagt Theo Bohr, Leiter des Umweltzentrums der HWK. "Und wir sind stolz darauf, dass unser regionales Handwerk in der Lage ist, ein solch einzigartiges Objekt in die Realität umzusetzen." Zu der Passiv21 GmbH gehören das Bauunternehmen Alois Müller, die Zimmerei Walter Ludwig (beide Hermeskeil), "Technik für Mensch und Umwelt" (Gusenburg), Elektro Petry (Beuren/Hunsrück), Ingenieurbüro Wahlen (Grimburg) und die Firma BFT von Herbert Bee (Trier).

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