Ab in die Altkleidersammlung?

GEROLSTEIN. Entrüstung, Trauer und Ungläubigkeit bei den Narren: "Das kann doch nicht sein", so lautete die einhellige Reaktion auf die Auflösung des Bundeswehr-Elferrats. Nach der Dreigestirn-Proklamation beendeten die "Roten Jacken" nach 43 Jahren ihre Teilnahme am Gerolsteiner Karneval.

"Es sind reichlich Tränen geflossen. Sowohl am Freitag, als die Entscheidung fiel, als auch am Sonntag, als wir mit den Vorsitzenden der Gerolsteiner Karnevalsvereine gesprochen haben", berichten die Soldaten, die zum Bundeswehr (BW)-Elferrat gehörten. Mit Herzblut waren sie dabei, trugen stolz die "Roten Jacken", wie sie im Gerolsteiner Land genannt werden.Was war passiert? Oberstabsfeldwebel Michael Wässer, seit elf Jahren beim BW-Elferrat und seit zwei Jahren Vorsitzender, erklärt: "Auslöser war ein lächerlicher Blechschaden bei einem Autounfall, den ein Helfer aus unserem Team bei der Tanzveranstaltung ,Windige Höh' verursachte." Daran habe sich anschließend die Frage festgemacht, was im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit dienstlich zulässig sei oder nicht.

Jetzt musste die Bremse gezogen werden

Zum "Tanz auf windiger Höh", einer Veranstaltung des BW-Elferrats waren, wie in den vergangenen Jahren, 1500 Besucher in die Kaserne gekommen. Wässer: "Noch ist nichts Schlimmeres passiert, aber für uns 14 ist das nicht mehr beherrschbar." Um künftigen Schaden von der Bundeswehr als Dienstherr und dem Standort Gerolstein fern zu halten, sei aus Verantwortungsgefühl der Elferrat aufgelöst worden. "Die Bremse war jetzt zu ziehen, und deshalb haben wir am Sonntag unsere roten Jacken ausgezogen", erklärt Wässer.

Also ohne Tanzveranstaltung kein Bundeswehr-Elferrat. Ganz klar scheint Außenstehenden die Entscheidung nicht. Oberstleutnant Knut Wichmann, Sprecher der Bataillonsführung, erklärt: "Es hat keiner die Absicht, diese Säule des Gerolsteiner Karnevals mit der Axt wegzuschlagen, aber dagegen spricht das Dienstrecht, die Vorgaben zur Öffentlichkeitsarbeit und die Formation im Verband."

Als die Nachricht nach der Proklamation nach und nach durchsickerte, war die Auflösung des BW-Elferrates Gesprächsthema Nummer eins. An vielen Tischen im Rondell wurde gemutmaßt, dass die aktuelle Kommandoführung das Ende der Roten Jacken besiegelt habe. Vorsitzender Wässer versichert: "Es war unsere Entscheidung, ohne jeglichen Druck der militärischen Führung." Wichmann ergänzt: "Das Bataillon und die Führung stehen nach wie vor zum BW-Elferrat. Wir respektieren die Entscheidung und sind uns der Verantwortung bewusst, die offenkundig entstandene Lücke zu kompensieren."

Am Rosenmontagszug werden die Soldaten noch teilnehmen. "Aber nicht in den Roten Jacken. Wir werden etwas anderes anziehen", erklärt Wässer. Wurfmaterial und Wagen stehen parat und sind bezahlt. Zum närrischen Jubiläum 2007 (44 Jahre) sollten die Roten Jacken den Prinzen stellen. "Aus jetziger Sicht gibt es den aus unseren Reihen garantiert nicht", sagt Wässer.

Ein großes Stück Präsenz der Bundeswehr wird ohne die Roten Jacken aus dem Gerolsteiner Land verschwinden. Burgnarren-Chef Manfred Saur: "Wir verlieren einen guten Freund und können uns gar nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass es endgültig aus sein soll." Waltraud Müller, Obermöhne seit 18 Jahren, sagt: "Es fehlt einfach was, und es ist sehr schade, dass eine Tradition verloren geht." Noch lange habe man darüber gesprochen, weil keiner mit so etwas gerechnet habe, als die Besprechung der Vorsitzenden anstand.

Fassungslosigkeit gepaart mit Hoffnung auch bei Frank Kalmes, Vorsitzender des KC Sarabodis, und Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz. Sie meinen: "Das kann nicht sein. Hoffentlich geht es irgendwie weiter." Wichmann verspricht: "Nach Aschermittwoch wird überlegt, wie sich die Kaserne künftig am Gerolsteiner Karneval beteiligt." Die Kasernenerstürmung findet wie gewohnt am Mittwoch vor Weiberfastnacht statt.

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