Affe wird zum Menschen

DAUN. (red) Der Münchener Schauspieler Michael Fischer trat mit dem Theaterstück "Bericht für eine Akademie" von Franz Kafka vor 175 Schülern des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) auf. Das Gastspiel fesselte das Publikum von Anfang an, der Schauspieler erhielt viel Beifall.

Ein Affe hüpft durch die Aula zum Rednerpult, ein menschlicher Affe, der dem Publikum über seine Menschwerdung berichtet: Die Vorlage stammt von Franz Kafka. Gespielt wurde das Ein-Personen-Stück vom Schauspieler Michael Fischer. Der "Bericht für eine Akademie" fesselt die Schüler. Fasziniert verfolgen die Zuschauer die Akrobatik am Rednerpult - auch in verbaler Hinsicht. Dieses Pult symbolisiert zeitweise auch die Kiste, mit der "unser Affe" in das westliche Europa transportiert wurde. Anschaulich schildert Fischer die Qualen dieser langen Reise. Am Ende hat der Affe die Wahl: Zoo (gleich neuer Käfig) oder Varieté. Er entscheidet sich für die "Menschwerdung", für Anpassung, wobei ihm seine "Lehrer" unter anderem das Pfeifenrauchen als typisch menschliches Verhalten zuerst beibringen. Die Durchschnittsbildung eines Europäers verhilft ihm dazu, aus dem Käfig zu kommen. Er hat nach wie vor ein Fell, aber nun tritt er im Varieté auf. Begeisterter Applaus beendet diesen "authentischen Bericht". Michael Fischer stellt sich den Fragen der Schüler. "Wie lange dauert das Auswendiglernen eines Textes?" Der Schauspieler erläutert seine Methode: Er schreibe den Text dreimal ab, lese ihn zweimal intensiv, dann sei das Auswendiglernen nur noch ein "Klacks". Den Schülern gab er den Tipp, dass sich diese Methode auch beim schulischen Lernen bestens bewähre. "Wie sind Sie Schauspieler geworden?" Er habe sich seinen "Traumberuf" schon früh ausgesucht, erzählt Michael Fischer. Aber die Eltern hätten auf einem "anständigen" Beruf beharrt. So begann er zunächst eine Elektrolehre, brach sie jedoch ab, um die Schauspielschule in München zu besuchen. Auf die Frage, warum er sich gerade diesen schwierigen Kafka-Text ausgesucht habe, antwortete er, dass es ihn schon immer gereizt habe, vermeintlich "trockene" Texte so darzustellen, dass auch Schüler fasziniert seien. Außerdem habe das Thema der Anpassung in Kafkas Werken einen besonderen Stellenwert. Hier müsse man auch die Biographie Kafkas miteinbeziehen, der persönlich nie mit dem Anpassungsprozess zurecht gekommen sei. Der Schauspieler gab seinen Gesprächspartnern zu bedenken, dass Anpassung sein müsse. "Wählt aber nicht das demütige Anpassen eines Affen", mahnte er. "Haben Sie Ihren Text schon mal vergessen?", fragt ein Schüler nach. Das Textbuch liege auf dem Rednerpult, denn er wolle keinesfalls improvisieren, sondern den Originaltext von Kafka vorstellen, lautet die Antwort.

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