Aktiv gegen den ganz normalen Wahnsinn

DAUN. Theaterszenen, Lesungen, Spiele, Informationen und, und, und: Auf vielfältige Weise setzten sich die Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) Daun im Rahmen einer landesweiten Kampagne mit den Themen Gewalt und Zivilcourage auseinander – auch durch Beschäftigung mit den Namensgebern ihrer Schule.

Nein, es waren eben nicht die Horrorszenarien von Neonazi-Schlägertrupps, die Passanten auf offener Straße oder im Bus wahllos verprügeln oder einen Obdachlosen mal eben im Vorbeigehen tot treten. Vielmehr wählten die Dauner Schüler Beispiele des ganz normalen Wahnsinns, den Jugendliche tagtäglich Gleichaltrigen und Schüler körperlich unterlegenen Mitschülern antun - auch in der ansonsten so beschaulichen Eifel: etwa der Junge, der von einer Schülergang erpresst wird, immer brav zahlt, aber dennoch jeden Tag aufs neue Todesängste aussteht; oder der Schüler, der permanent gehänselt, geschubst und auch schon mal geschlagen wird, sich daher aus Angst und Scham in sich selbst zurückzieht - und eines morgens nicht mehr zur Schule kommt...Gefragt sind Mut und Entschlossenheit

Diese Beispiele sorgen zwar nicht für einen gesellschaftlichen Aufschrei des Entsetzens, gehen den Jugendlichen aber genau so nah. Weil so gut wie jeder so etwas kennt, vielleicht gar schon mal am eigenen Leib gespürt hat. Doch egal, wie Gewalt zutage tritt: "Anstatt die Straßenseite zu wechseln und wegzusehen, sind die bewusste Wahrnehmung, Entschlossenheit und Mut gefragt", sagt GSG-Schulleiter Peter Sebastian. Für ihn war die Teilnahme an der von Innenministerium und Polizei initiierten landesweiten Gewalt-Präventions-Kampagne "Wer nichts tut, macht mit" eine Selbstverständlichkeit. Er fragte: "Wo, wenn nicht an einer Schule, die nach den Geschwistern Scholl benannt ist, nimmt dieser Appell in die Pflicht?" Doch anders als bei den Widerstandskämpfern des Nazi-Regimes gehe es heutzutage eben nicht darum, sich selbst in Gefahr zu bringen. Eine Straftat zu beobachten und dann der Polizei als Zeuge zur Verfügung zu stehen, reiche oftmals schon aus. Das betonte der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD), der in Daun ebenso zu Gast war wie Triers Polizeipräsident Manfred Bitter. Bruch sagt: "Eigentlich geht es nur darum, auf das eigene Gewissen zu hören und zu entscheiden: Das lasse ich nicht zu!" Eben Zivilcourage zeigen. Wie dies aussehen kann, wie man Gewalt begegnen und im besten Fall von vornherein verhindern kann, zeigten die Mittel- und Oberstufenschüler mit 13 unterschiedlichen Einzelprojekten. Allen gemein: die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt. So hat sich Johannes Kröffges (16) zum Streitschlichter ausbilden lassen. Er sagt: "Wenn es jetzt zu einem Streit oder einer Schlägerei in der Schule käme, hätte ich den Mut, dazwischen zu gehen und würde versuchen, die Kontrahenten zu einer anderen Lösung zu bewegen." Für Lehrerin und Ausbilderin Christina Hachgenei nicht nur in der Schule, sondern auch in der Gesellschaft wichtige Fähigkeiten, "denn Mittler werden immer gebraucht". Manchmal hilft schon das Zuhören

Dass oft schon ein Zuhörer eine Hilfe sein kann, sagt Lea Trosdorff (14). Wie ihre Mitschüler der 8c besprach sie ein Buch zum Thema Gewalt und schrieb dazu eine Kurzkritik. Bestnoten gab sie dem Werk "Das kummervolle Kuscheltier". "Darin geht es um ein Mädchen, dass missbraucht wurde und sich nur seinem Kuscheltier anvertraut. Das aber bringt sie dazu, auch mit der Nachbarin über ihr Leid zu sprechen." Dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt andererseits auch Spaß machen kann, bewies die Klasse 10c. Die Jugendlichen hatten ein Brettspiel mit dem Namen "Courage" entwickelt - und spielten nun munter drauf los. Vor allem geht es darum, Antworten darauf zu geben, wie man sich selbst in brenzligen Situationen verhalten würde - zum Beispiel, wenn zwei sich in der Klasse zu prügeln beginnen. "Die Fragen, die wir uns alle selbst ausgedacht haben, sind aus dem Alltag gegriffen, da ist nichts an den Haaren herbei gezogen", berichtet Nina Molitor (16). Ihr Klassenkamerad Marcel Braun (16) fügt hinzu: "Es geht darum, nach langfristigen Lösungen zu suchen." Bei besagter Schlägerei gibt's daher auch für die Lösung "Dazwischen gehen und den Lehrer rufen" die meisten Punkte. Spaß hatten auch die beiden Hauptorganisatoren des Projekts am GSG, Ursula Schillen und Volker Weinzheimer. Weshalb, sagte der Studienrat: "Ob Lehrer oder Schüler - wann immer jemand gebraucht wurde, gab's Hilfe, und alle haben sich reingekniet ohne Ende." Die Ausstellung "Zivilcourage" im Geschwister-Scholl-Gymnasium in Daun ist noch bis 17. Februar für die Öffentlichkeit zugänglich. Zu sehen ist sie an allen Schultagen von 8 Uhr bis 12.30 Uhr sowie montags, mittwochs und freitags zusätzlich von 14 bis 16 Uhr.

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