Alles in Zucker

GEROLSTEIN. (vog) Jedes fünfte Kind ist zu dick. In der Gerolsteiner Grundschule an der Waldstraße ist bis zum 15. März eine Ausstellung der Verbraucherzentrale "Kinderernährung zwischen Werbung und Wirklichkeit" zu sehen. Organisiert hat sie Gerlinde Arndt, die Gleichstellungsbeauftragte der Verbandsgemeinde (VG).

"Milchriegel, Obstwichtel und Lachbonbons" - mit klangvollen Namen werben die Hersteller für Lebensmittel, die speziell für Kinder wertvoll sein sollen. Claudia Zein-Schuld, Ernährungsberaterin bei der rheinland-pfälzischen Verbraucherzentrale, zeigte Schülern und Eltern beim Informationsabend, welchen (Werbe-)Schwindeleien sie häufig aufsitzen. Die Grundschüler sind beim Rundgang durch die interaktive Ausstellung voll bei der Sache. Schülerin Steffi Holzem weiß, warum Spielzeug oder Sammelkarten mit in den Verpackungen stecken. "Damit es für uns interessanter wird", sagt sie. Ihr Klassenkamerad Michel Perfecki ruft: "Und damit wir es immer wieder kaufen." Zein-Schuld erklärt, dass zwischen dem achten und zehnten Lebensjahr der Grundstein zur Markentreue gelegt wird. Dann verliert sich auch immer mehr der Blick für die Inhaltstoffe.Ein Viertel der Zutaten: Fett

Sie sagt: "So genannte Kinderlebensmittel sind eigentlich Süßigkeiten und außerdem viel zu fett." Eine Milchschnitte besteht zu einem Viertel aus Fett. Süß solle in der Ernährung nicht fehlen, aber nur zehn Prozent ausmachen. "Ein Fruchtwichtel deckt schon sechs Prozent des Tagesbedarfs, wird aber nicht als Süßigkeit, sondern als Joghurt wahr genommen", nennt Zein-Schuld ein Beispiel. Die Pyramiden aus Würfelzucker (80 Stück in einem Glas Nougatcreme oder 13 in einem Mars-Riegel) schocken Eltern und Kinder gleichermaßen. Beim genauen Blick auf die Zutatenliste der meisten "Kinderlebensmittel" wird klar: Zucker ist oft der zweitgrößte Bestandteil. Auch wenn im Namen Vitamine versprochen werden. Schülerin Rita Masurin reagiert ärgerlich: "Denen geht es ja gar nicht um unsere Gesundheit, sondern nur um unser Geld." Zein-Schuld rät Eltern zum gemeinsamen Einkaufstraining im Supermarkt. Dabei sollen auch die Verpackungsgrößen unter die Lupe genommen werden. Da könnten auch die Rechenkünste der Kleinen trainiert werden: im Vergleich ein großen Glas Joghurt kontra winzige Fruchtwichtel. Die Ernährungsberaterin hat - zum Test der Geschmacksnerven, die vom vielen Süß häufig schon falsch gepolt sind - Körner, Honig und getrocknete Früchte mitgebracht. Denise Wallerath, Natalia Lukavenko und Daniel Grubertz machen sich an der Flockenquetsche zu schaffen und sind sich einig: "Die Haferflocken schmecken echt klasse." Schulleiter Horst Follmann sagt: "Die Ausstellung trifft genau den Zeitgeist. Den wohlgenährten Kindern muss das gesunde Essen bewusst gemacht werden." Gerlinde Arndt, Organisatorin und Gleichstellungsbeauftragte der VG Gerolstein, hat fast ein Jahr gebraucht, um die Ausstellung von Mainz nach Gerolstein zu holen. Die unzähligen Mails und Telefonate sind vergessen. Das Projekt kommt an. "Schön wäre es, wenn die anderen eingeladenen Grundschulen in den nächsten Tagen auch noch kommen würden", hofft sie.

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