Alte Herren und Sagen hinter dicken Mauern

HILLESHEIM. Die Ursprünge des mittelalterlichen Städtewesens in Deutschland reichen bis in die Römerzeit zurück, wie die Beispiele Trier und Köln belegen. Um 1350 gab es in Deutschland etwa 3000 Städte – darunter auch Hillesheim.

Wichtige Kriterien des Städtewesens waren die rechtliche Sonderstellung einer Stadt gegenüber dem Land: "Bürger und Bauer scheidet nichts als die Mauer" ,lautete die Maxime. Ab wann genau Hillesheim sich Stadt nennen durfte, ist nicht bekannt. Aus mehreren Urkunden der Landesherren und einer Siegelumschrift "intra muros" (innerhalb der Mauern) aus dem Jahre 1306 wird Hillesheim bereits als Stadt bezeichnet "mit ihren Bürgern bei allen bisherigen Rechten zu belassen". Entstanden ist der Ort nach dem Wegzug der Römer aus einer bäuerlichen Siedlung in der fränkischen Landnahmezeit ab dem vierten Jahrhundert. In der "ersten Stadt" lebten 300 Einwohner

Merkmale der Stadtrechte waren das Marktrecht, die Gerichtsbarkeit, das Münzbrennen und die Befestigung. Die Stadtmauer schützte alle Bewohner gleichsam wie eine befestigte Burg. Die Bezeichnungen "Burg" und "Stadt" wurden daher über lange Zeit gleichbedeutend verwendet. In Hinblick auf die wirtschaftliche Erstarkung sah sich Erzbischof Kuno von Falkenstein veranlasst, aus dem Frankfurter Sammelprivileg Kaiser Karl IV. am 31. Mai 1376 Hillesheim zur Stadt zu erheben. Die Stadt mit etwa 300 Einwohnern bildete mit Handwerksbetrieben, bäuerlichen Anwesen und kleinen Gärten ein unregelmäßiges Fünfeck. Im Zentrum stand die alte Kirche, umgeben vom Friedhof. Unweit davon muss die Burg gestanden haben, von der heute nichts mehr vorhanden scheint außer dem 28 Meter tiefen Burgbrunnen. Die mit Bruchsteinen gesetzte Befestigungsmauer hatte zwölf runde und eckige Türme, die zwischen 1250 und 1280 von den Wildenburger und Reifferscheider Lehensherren zusammen errichten wurden. Mit einer Höhe von zwölf Metern und dem begehbaren ein Meter breiten Wehrgang sowie den fünf Türmen strahlt die Stadtmauer auch heute noch die ehemalige Bedeutsamkeit des kleinen Landstädtchens aus. Im Hexenturm sollen, so die Sage, bei Wind die Verurteilten Klagelieder singen, und der Mühlenturm zeugt mit seinem dicken Mauerwerk von stabiler Handwerkskunst. Insignien wie Stadtglocke, Zunftordnungen, Siegel und Weistümer sowie Polizeyverordnungen "zo Hillesheym uff dem raedthusse vur dem gericht" belegen die abwechslungsreiche historische Vergangenheit. Mit der Erfindung der Kanonenkugeln zur schnellen Eroberung von gemauerten Befestigungen verfiel die Stadtmauer zusehends. 1614 ist beim Amt Hillesheym vermerkt: "Die Stattmauern ahn ettlichen Orten verfallen, ahn ettlichen auch sehr bauwfellig, die Statthorn zerschlagen und über den Hauffen gefallen". Nach notdürftiger Reparatur brach das Unheil wieder herein, als 1689 französischen Soldaten mit Sprengen von Türmen und Mauerteilen der Einlass in die Stadt gelang. Im 18. Jahrhundert verlor die Mauer an Bedeutung und verfiel zusehends. Wegen der Baufälligkeit beschloss der Gemeinderat am 24. Februar 1812 "den alten Turm und das damit verbundene Gemeindehaus" abzureißen und den Schutt auf den Lissendorfer Weg zu bringen, der noch ohne Schotterlage war. 100 Jahre später bemühte sich der Eifelverein mit staatlicher Hilfe, die noch vorhandenen Mauerreste zu erhalten. Nach großen Schäden im Zweiten Weltkrieg begann vor drei Jahrzehnten mit der europäischen Kampagne zur Erneuerung des historischen Ortskerns auch die Restaurierung der 750 Jahre alten Stadtmauer, die seitdem mit Freilichtbühne und Grünflächen ein Anziehungspunkt für Einheimische wie Touristen ist.

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