Angst und Bedrängnis

Unter den Christen in der nordirakischen Stadt Mossul herrscht Angst: Innerhalb einer Woche wurden fünf Angehörige der christlichen Minderheit von Fanatikern getötet. Nahostexperte Abdul Husseini hielt einen Vortrag zum Thema.

 Abdul Husseini referierte über die Situation der christlichen Minderheiten in der arabischen Welt. Foto: privat

Abdul Husseini referierte über die Situation der christlichen Minderheiten in der arabischen Welt. Foto: privat

Daun. (red) Zu Tausenden verlassen die Christen zurzeit die Stadt Mossul im Irak. Seit Beginn des Krieges haben mehr als die Hälfte der 1,5 Millionen irakischen Christen ihrer Heimat den Rücken gekehrt. Auch in anderen arabischen Staaten hat sich die Situation der Christen verschlechtert.

Mit den Ursachen dieser Entwicklung befasste sich auf Einladung des Forums "Eine Welt" der aus dem Libanon stammende Nahostexperte Abdul Husseini in seinem Vortrag mit dem Titel "Die Situation der christlichen Minderheiten in der arabischen Welt".

Christen schufen die Grundlagen des Islam



Husseini wies nach, dass die christlichen Minderheiten über Jahrhunderte ein integraler Bestandteil der arabischen Welt waren. Unter der islamischen Herrschaft konnten sie ihre Religion praktizieren. Die Christen nahmen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der islamischen Kultur und der Wissenschaften ein. Christliche Gelehrte und vor allem Übersetzer trugen dazu bei, die griechische Philosophie, Medizin und Wissenschaften ins Arabische zu übertragen und die Grundlagen der geistigen Entwicklung des Islams zu schaffen. Die christlich-islamische Symbiose brachte beiden Seiten nur Vorteile und der menschlichen Zivilisation eine Blüteperiode.

Erst infolge der Kreuzzüge endete diese Periode der Toleranz. In der Neuzeit brachten christliche Eliten vor allem in Syrien, Libanon und Ägypten die Ideen der europäischen Aufklärung und Moderne in die arabische Welt.

Seit der mit Unterstützung der USA und Europas erfolgten Gründung Israels auf arabischem Boden hat sich das Verhältnis zwischen Arabern und Christen jedoch ständig verschlechtert. Der Westen hat die Unterstützung Israels in den Vordergrund seiner Nahostpolitik gesetzt. Ein Interesse für das politische Schicksal der palästinensischen Christen existiert so gut wie nicht.

Nach Husseinis Worten ist die Situation der christlichen Minoritäten in den einzelnen arabischen Staaten sehr unterschiedlich. Während in Saudi-Arabien bereits das öffentliche Bekenntnis zum Christentum unter Strafe steht, haben die christlichen Maroniten im Libanon immer noch einen sehr großen Einflus.

Anders ist die Lage der irakischen Christen. Unter der Diktatur Saddam Husseins war ihr Dasein nicht rosig, sie mussten jedoch nicht um ihr Leben fürchten. Mit der amerikanischen Besatzung im Jahre 2003 änderte sich die politische Situation radikal. Die Einführung eines politischen Systems, in dem die Macht zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden geteilt wurde, gab den bis dahin verdrängten konfessionellen Konflikten einen zusätzlichen Anschub. Ein mörderischer Bürgerkrieg entflammte. Nach Ansicht Husseinis sollte dem Westen das Schwinden der christlichen Präsenz im Nahen Osten zu denken geben.

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