Auf dem Weg zur Wunsch-Schule

Daun/Gerolstein · Eine wichtige Entscheidung steht für die 525 Grundschüler in den vierten Klassen im Vulkaneifelkreis nach der Zeugnisübergabe Ende Januar an: Wie soll es künftig schulisch weitergehen? Um Eltern eine Entscheidungshilfe zu geben, stellt der TV in einer Serie die weiterführenden Schulen im Kreis vor.

Daun/Gerolstein. Realschule plus und Gymnasium: Nach der Zeugnisübergabe am Freitag, 30. Januar, müssen sich die derzeitigen Viertklässler, beziehungsweise deren Eltern, entscheiden, wohin sie der weitere Schulweg führen soll. Hilfreich ist dabei die Empfehlung der Grundschulen.Schul Wegweiser


525 Mädchen und Jungen besuchen zurzeit die vierten Klassen in den 17 Elementarschulen im Kreisgebiet - sie werden ab Montag, 7. September, eine weiterführende Schule besuchen. Das sind ein Viertel weniger als noch vor zehn Jahren, als es 710 Viertklässler waren.

Schularten: Im laufenden Schuljahr ist die Realschule plus die beliebteste Schulart der zurzeit 545 Fünftklässler, dicht gefolgt vom Gymnasium. Mehr als die Hälfte von ihnen, genau 53,4 Prozent, besuchen eine Realschule plus. In Gymnasien zieht es 46,6 Prozent aller Schüler.
Vor zehn Jahren, im Schuljahr 2004/05, besuchten nur 35 Prozent der Fünftklässler ein Gymnasium und lediglich 26 Prozent eine Realschule im Vulkaneifelkreis. Knapp 40 Prozent gingen zu einer Haupt- oder Regionalen Schule. Dass die Zahl der Fünfklässler in der Vulkaneifel von 799 um fast ein Drittel gesunken ist, liegt nicht nur am demographischen Wandel, sondern auch an der geänderten Schullandschaft. Im Schuljahr 2009/2010 wurde aus der Regionalen Schule Ulmen/Lutzerath eine Realschule plus, so dass inzwischen von dort weniger Schüler in den Vulkaneifelkreis fahren. Zudem gibt es in Blankenheim (Nordrhein-Westfalen) eine Gesamtschule.

Realschulen plus: Die Realschule plus besteht in kooperativer oder integrativer Form. Die Schüler können in beiden Varianten nach dem neunten Schuljahr die Berufsreife und nach der zehnten Klasse den qualifizierten Sekundarabschluss I, den sogenannten Realschulabschluss, erreichen. In der fünften und sechsten Stufe lernen alle Schüler gemeinsam im Klassenverband. Ab dem siebten Schuljahr belegen die Schüler Wahlpflichtfächer wie Technik/Naturwissenschaften, Wirtschaft/Verwaltung, Hauswirtschaft/Sozialwesen und Französisch sowie weitere schuleigene Angebote.
Nach der Orientierungsstufe werden die Schüler in der Kooperativen Realschule plusleistungs- und abschlussbezogen in Klassen eingeteilt, unterteilt in Berufsreife- und Realschulzweig. Nach diesem System unterrichten die Realschulen plus in Daun, Gerolstein und St. Martin in Kelberg.
In der Integrativen Realschule plus lernen die Jugendlichen nach der Orientierungsstufe weiter im Klassenverband. Sie werden entsprechend ihrer Neigungen und Leistungen in Kursen oder Lerngruppen gefördert. An der Augustiner Realschule Hillesheim, der Graf-Salentin-Schule Jünkerath und der Schule am Pulvermaar in Gillenfeld entschied man sich für eine teilintegrative Form: In der 7. Klasse werden die Schüler in den Hauptfächern in leistungsdifferenzierten Kursen unterrichtet, in den Nebenfächern erfolgt die Trennung im achten Schuljahr.
An der Realschule plus in Daun können Schüler nach zwei weiteren Jahren an der Fachoberschule für Gesundheit die Fachhochschulreife erzielen.
Gymnasium: Absolventen eines Gymnasiums können mit einer bestandenen Abiturprüfung die allgemeine Hochschulreife erzielen. Der Abschluss berechtigt zum Besuch einer Universität oder Hochschule. Im Kreis gibt es drei Gymnasien: St.-Matthias-Gymnasium in Gerolstein sowie in Daun das Geschwister-Scholl- und das Thomas-Morus-Gymnasium, seit 2009 die einzige G8-Schule im Landkreis. Dort können die Gymnasiasten in acht Jahren das Abitur absolvieren - davon drei volle Jahre in der Oberstufe.
Für die Anmeldungen zur fünften Klasse einer weiterführenden Schule benötigen Schüler folgende Unterlagen: das Halbjahreszeugnis der vierten Grundschulklasse im Original und einer Kopie, das Empfehlungsschreiben der Grundschule, das Familienstammbuch oder die Geburtsurkunde.Extra

Michaela Brohm, Professorin für Empirische Lehr-Lern-Forschung und Didaktik an der Universität Trier. Sollen sich die Eltern an die Schulempfehlung halten? Michaela Brohm: Für die Mehrheit der Kinder trifft die Grundschulempfehlung im Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit zu, aber bei circa einem Drittel aller Viertklässler wird wohl falsch empfohlen. Es gibt viele Kinder, die von ihren Leistungen her sowohl die Realschule als auch das Gymnasium oder die Gesamtschule besuchen könnten. Für diese Kinder eine klare Empfehlung abzugeben ist schwierig. Leider sind die Empfehlungen der Grundschullehrer auch nicht immer objektiv: Chefarztkinder etwa haben eine viermal höhere Wahrscheinlichkeit, auf das Gymnasium empfohlen zu werden als Arbeiterkinder. Und das gilt auch, wenn das Chefarztkind weniger Leistung zeigt als das Arbeiterkind. Außerdem ist der Zeitpunkt meines Erachtens viel zu früh: Wie kann man über ein neunjähriges Kind wissen, ob es mit 19 das Abitur schaffen wird? Letztendlich sollten die Eltern gewissenhaft auf der Grundlage der Empfehlungen entscheiden. Wenn sie die Lernleistung ihres Kindes gut beurteilen können und zu einem anderen Schluss kommen als die Lehrer, so sind auch andere Entscheidungen manchmal richtig. Wie erkennen Eltern, welche die beste Schule für ihr Kind ist? Brohm: Die beste Schulform ist diejenige, an der ein Kind herausgefordert wird, ohne überfordert zu sein. Herausforderungen und Impulse führen zu Entwicklungen und zu geistigem, emotionalem und sozialem Wachstum. So sollte die Schule ein Ort der Menschenentwicklung sein. Wovon hängt die Entscheidung der Eltern über die Schulform für ihre Kinder ab? Brohm: Wir wissen inzwischen, dass die Schulwahlentscheidung der Eltern davon abhängt, für wie wichtig sie Bildung halten, wie ihre soziale Position und ihr Familieneinkommen ist. Das wichtigste davon ist aber der Wert, den Bildung in der Familie hat. Ist Lesen, Rechnen, Schreiben, Musizieren und Besprechen wirklich wichtig in der Familie? Wenn ja, überträgt sich das auch auf das Kind. Wenn nein, raubt die Armut an Bildung die Zukunft. Soll das Kind Ihrer Ansicht nach mitentscheiden bei der Schulwahl? Brohm: Meines Erachtens kann ein Kind die Tragweite der Entscheidung für den Bildungsverlauf des eigenen Lebens noch nicht richtig einschätzen. Die Kinder sollten ihre Ansichten natürlich äußern, aber die letztendliche Verantwortung liegt bei den erwachsenen Menschen und sollte nicht an das Kind delegiert werden. mehi

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort