Auf ihre Schippe soll nichts mehr

GEROLSTEIN/DAUN. Die gesetzliche Räumpflicht bei Schnee macht vielen Senioren Probleme. Während auf den Dörfern die Nachbarschaftshilfe meist gut funktioniert, finden sich in den Städten weniger Helfer. Ältere Bürger in Gerolstein fordern nun Hilfe von der Stadt. Es wurde eine Helferbörse eingerichtet. Daun will dem Beispiel folgen.

Hüftoperationen, Oberschenkelhalsbruch, Herzbeschwerden, Rheuma, Angst vorm Ausrutschen - es gibt viele Gründe, warum sich ältere Menschen zu schwach fühlen, die Gehwege vor ihren Grundstücken von nassem, schwerem Schnee frei zu räumen. In vielen Orten löst Nachbarschaftshilfe das Problem. Doch bei dieser Art von Generationen-Solidarität wird ein starkes Land-Stadt-Gefälle deutlich. Karl-Heinz Baumann, Vorsitzender des Seniorenbeirats des Kreises Bitburg-Prüm, sagt: "Auf den Dörfern wird das meistens über Nachbarschaftshilfe geregelt, aber für die Senioren in Städten wie Bitburg oder Prüm ist das oft ein Problem". Deshalb wurde in Gerolstein bereits vor drei Jahren der Versuch gestartet, zur Winterzeit eine Helferbörse einzurichten, bei der sich "Schneeschaufler" im Rathaus registrieren lassen und von Senioren angefordert werden können. "Leider hat es bisher noch nie optimal geklappt, obwohl viele Senioren gerne darauf zurückgreifen würden", sagt Karlheinz Knobloch, Vorsitzender des Seniorenbeirats Gerolsteiner Land. Agnes Mertes (84) schimpft: "Ich habe letztes Jahr einen registrierten Helfer angerufen. Er ist aber nie gekommen." Ende Oktober hatte Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz im Amtsblatt einen neuen Versuch gestartet und die Helferbörse ausgeschrieben. "Es haben sich drei junge Männer gemeldet, die gegen einen geringen Obolus bereit sind, die Arbeiten zu machen. Bisher hat aber niemand Bedarf angemeldet", sagt Schwartz. Auch wenn es in diesem Winter noch kaum schneite, drängt das Thema. Denn wenn das gefrorene Nass erst einmal auf den Gehwegen liegt, muss es auch weggeräumt werden. In der Gerolsteiner Gymnasialstraße leben viele Senioren. Einige ältere Damen beschweren sich: "Die Stadt muss was tun. In Großstädten wie Köln oder Düsseldorf brauchen die Alten auch nicht die Gehwege zu räumen." Sie lassen nicht locker. Gerda Dawid (82) sagt: "Schreiben Sie ruhig, dass wir aufmüpfig sind, sonst passiert ja sowieso nichts." Agnes Mertes (84) und Scholastika Moog (81) fügen hinzu: "Bei den vielen Arbeitslosen müsste doch was über Ein-Euro-Jobs möglich sein. Hilfe für Senioren ist doch gemeinnützig." Unter dem vorgeschriebenen Aspekt der Gemeinnützigkeit soll eine derartige Regelung über den Seniorenbeirat geprüft werden. Rita Lechlein (82) ärgert sich über die städtische Kolonne: "Mit der Räummaschine türmen sie immer Hügel an unserer Grundstücksgrenze auf, wenn sie den öffentlichen Gehweg verlassen. Vor privatem Areal räumen sie ja nicht." Das Ü-80-Damenquartett meint: "Es ist lächerlich, dass die Stadtkolonne mit ihrer Maschine nicht alle Gehwege räumt." In der Gymnasialstraße sei der Publikumsverkehr zwischen den beiden öffentlichen Einrichtungen Gymnasium und Krankenhaus so stark, dass die Stadt die Verantwortung übernehmen müsse. Stadtbürgermeister Schwartz lenkt ein: "Darüber müssen wir reden. Aber das grundsätzliche Gleichheitsgesetz für alle Privatpersonen muss berücksichtigt werden." Auch Mathilde Weinandy, Stadtbürgermeisterin in Prüm, wurde schon von einem Seniorenpaar gefragt, ob die Stadtkolonne in punkto Schneeräumpflicht nicht einspringen könnte. Letztendlich sei auf privatem Weg ein Helfer gefunden worden, sagt Weinandy. "Die Idee mit der Helferbörse finde ich aber eine gute Sache. Ich werde das in der kommenden Ausgabe des Amtsblatts ausschreiben, damit Senioren für dieses Problem im Prümer Rathaus Hilfe finden", verspricht sie. Wolfgang Jenssen, Stadtbürgermeister in Daun, schließt sich an: "Wir werden den Weg über unsere Ehrenamtsbörse wählen." Im Bitburger Rathaus war Stadtbürgermeister Joachim Streit trotz mehrerer Versuche nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Pressesprecher Werner Krämer sagt: "Bei uns wurde noch nie wegen dieses Problems angefragt. Aber so eine gebündelte Aktion über eine Helferbörse ist eine gute Sache." Bei der nächsten Vorstandssitzung will Baumann, Vorsitzender des Seniorenbeirats Bitburg-Prüm, "über eine Aktion" beraten. Er meint: "Das ist eine gute Idee von der wir bisher noch nichts gehört hatten."

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