Beklemmender Geschichts-Unterricht

HILLESHEIM. Fünf Zehntklässler der Augustiner-Realschule und ihr Geschichtslehrer Joachim Zöpfchen zeigen die Ergebnisse ihrer monatelangen Recherchen über jüdische Mitbürger in einer Ausstellung in der Hillesheimer Volksbank.

Nachdem die jüdische Familie Kaufmann - das Ehepaar Emil und Erna und die Kinder Ruth und Walter - am 27. Februar 1943 aus Hillesheim deportiert worden war, kam das Inventar ihres Hauses am Pilatushof unter den Hammer. Als bei der Versteigerung die Rabbinerkleidung von Emil Kaufmann als Fastnachtskostüm angepriesen wurde, stand eine ehemalige Nachbarin der Familie wutentbrannt auf, riss dem Auktionator die Kleidungsstücke aus der Hand und rief: "Damit macht man keinen Spaß!" Emil Kaufmann war Steinbrucharbeiter in Rockeskyll. Weil er als Jude die Reichsbahn nicht mehr benutzen durfte, legte er den Weg zur Arbeit jahrelang mit dem Fahrrad zurück. Und als in der "Reichskristallnacht" im November 1938 Hitlers örtliche Helfer gewaltsam in das Haus der Familie Kaufmann eindrangen und in die Decke schossen, sprangen die Mutter und die Kinder aus Angst aus dem Fenster des ersten Stockwerks hinunter in den Garten. Diese Erinnerungen an die Familie Kaufmann werden zurzeit in einer Ausstellung in der Volksbank in Hillesheim lebendig. Fünf Zehntklässler der Augustiner-Realschule, Deborah Danowski (Stroheich), Christiane Harings (Bolsdorf), Armin Kehlert (Stroheich), Sebastian Quetsch (Oberbettingen) und Michael Remer (Niederbettingen), haben die Ausstellung gemeinsam mit ihrem Geschichtslehrer Joachim Zöpfchen erstellt. "Wir haben im Unterricht darüber gesprochen, dass es auch in unserer Stadt Juden gab", erinnert sich Christiane Harings an den Beginn des Projekts. Sie gründeten eine Arbeitsgemeinschaft und trafen sich mehrere Monate lang ein- bis dreimal in der Woche, um das Leben der Juden in Gerolstein und Hillesheim während der Nazizeit zu erforschen. "Während es über jüdische Bürger von Gerolstein einige Dokumentationen gibt, ist über die Hillesheimer Juden so gut wie nichts schriftlich festgehalten", fasst Michael Remer zusammen. Die Schüler bekamen den Tipp, sich bei Magda Hennrich zu erkundigen. Sie führten ein Interview mit der 84-Jährigen und unternahmen einen Stadtrundgang mit ihr. Magda Hennrich erinnerte sich an drei jüdische Familien: Außer den Kaufmanns hätten noch die Familien Salomon und Zimmermann dort gelebt. Diese beiden Familien seien aber rechtzeitig in die USA ausgewandert. Während eines Besuchs in ihrer Geburtsstadt Hillesheim wurden auch die Geschwister Peter Nellessen (heute Kempten) und Maria Hornemann (heute Köln) als ehemalige Nachbarskinder der Familie Kaufmann von den Realschülern befragt. Das Gespräch mit ihnen ist in Text und Bild Teil der Ausstellung.Rektor: "Verantwortung übernommen"

"Manche Leute, die wir angesprochen haben, sagten, dass sie mit dem Thema nichts zu tun haben wollen", berichtet Deborah Danowski. "Aber insgesamt sind wir sehr gut unterstützt und in unserer Arbeit bestärkt worden", betont Michael Remer. Rektor Peter Steffgen ist stolz auf die jugendlichen Historiker seiner Schule. "Ihr habt mit euren Nachforschungen Verantwortung übernommen", bescheinigt er ihnen bei der Eröffnung der Ausstellung. Die Schüler und der Lehrer hätten sich in besonderer Weise engagiert und viel Freizeit für das Projekt geopfert. Die Ausstellung ist noch bis zum 25. Mai in der Volksbank Hillesheim zu sehen. Anschließend wird sie in der Augustiner-Realschule gezeigt. Fotos und Hintergrundinformationen sollen in der Schülerzeitung "Specht" sowie in der nächsten Ausgabe des Heimatjahrbuchs des Kreises Daun veröffentlicht werden.

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