Breckem sucht den Nachfolger

DEUDESFELD. Nach fast drei Jahrzehnten hört er auf: Günter Bill, seit 1977 Bürgermeister der Hinterbüsch-Gemeinde Deudesfeld. Ganz von der kommunalpolitischen Bühne verabschiedet er sich nicht, kandidiert er doch erneut für den Verbandsgemeinde-Rat Daun.

Am Ortseingang von Deudesfeld fällt ein großes Transparent auf: "Breckem sucht den Superstar" ist darauf zu lesen. "Breckem" heißt ein Waldstück, in dem die Symbolfigur des Deudesfelder Karnevals, das "Breckemamännchen", hausen soll. Doch wer am Pfingstsamstag auf der Waldbühne "Superstar" wird, beschäftigt die Deudesfelder noch nicht. Stattdessen sorgt "Breckem sucht den Nachfolger" für Gesprächsstoff, und das nicht nur im Dorf, sondern auch über den Hinterbüsch hinaus. Denn der, der die Gemeinde seit fast drei Jahrzehnten führt, hat seinen Abschied angekündigt: Ortsbürgermeister Günter Bill, seit dem 24. Februar 1977 im Amt. Zuvor war der frühere Bus- und Taxiunternehmer bereits Ratsmitglied (seit 1964) und hat die Entwicklung des Dorfs zu einer Fremdenverkehrs-Hochburg der Eifel maßgeblich mitgeprägt. Viele wollen immer noch nicht glauben, dass der Langzeit-Bürgermeister wirklich den Posten aufgibt. "Es gibt im Moment offenbar kein anderes Thema. Wo ich auch hinkomme, fragen alle: Stimmt das, du hörst auf?" berichtet Bill. Ob er es selbst schon glaubt? Noch nicht wirklich, denn wenn er im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund von wichtigen Terminen in diesem Jahr erzählt, ist zu spüren, dass das Amt für ihn nicht nur einfach eine Funktion ist, sondern er sich mit echter Leidenschaft für "sein" Deudesfeld einsetzt.Guter Zeitpunkt für den Abschied

Dann hält er kurz inne und bekennt: "Ganz ehrlich, mir wird etwas fehlen, wenn ich nicht mehr Bürgermeister bin." Aber sein Entschluss steht nun fest: "Ich habe vieles von dem erreicht, was ich mir als Ziele gesetzt hatte. Kann es einen besseren Zeitpunkt geben, als jetzt aufzuhören?" Völlig von der kommunalpolitischen Bühne wird er sich ohnehin nicht verabschieden. Bill kandidiert erneut für den Verbandsgemeinde-Rat Daun. Was Bill zu einem weit über die Grenzen des Hinterbüschs hinaus bekannten Eifeler Original macht, ist vor allem, dass er einen unverwechselbaren Humor und unzählige Male seine Entertainer-Qualitäten unter Beweis gestellt hat. Humor ist, wenn man auch über sich selbst lachen kann, ist seine Devise. So kokettiert er mit seinen 1,55 Meter Körpergröße und nennt sich gerne den "kleinsten Bürgermeister im Land". "Der Beweis dafür fehlt mir allerdings noch", räumt Bill ein, "ist allerdings auch nicht nötig, solange sich keiner beschwert und das Gegenteil behauptet". Wenn Kritiker ihn in der Vergangenheit schon mal "Hinterbüsch-Napoleon" nannten, blieb er gelassen und antwortete auf seine Art. "Ich bin sogar schon als Napoleon kostümiert aufgetreten", erinnert sich der 74-Jährige. Sein Motto, wie schwierige Situationen gemeistert werden können: "Von den vielen Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man doch immer noch was Schönes bauen". Um die Zukunft des Dorfs ist Bill nicht bange, ernsthafte Gedanken macht er sich allerdings, wer künftig die Verantwortung übernehmen soll. "Wir haben einen Aufruf gestartet und Bürger, die sich für eine Mitarbeit im Rat interessieren, zu einem Treffen eingeladen. Die Resonanz war dürftig", berichtet der Bürgermeister. Seine Erfahrung: "Die Politikverdrossenheit wächst, was sich mittlerweile bis auf die kommunale Ebene auswirkt. Immer weniger Leute wollen Verantwortung übernehmen." Auch nach dem Abschied als Bürgermeister wird er nicht die Füße hochlegen. "Ich brauche immer was zu tun. Wenn Not am Mann ist, werde ich Bus fahren, oder ich helfe meinen Kindern in deren Reisebüro."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort