Bruchzins mehr als ein Bruchteil

OBERBETTINGEN. Oberbettingen auf Wachstumskurs: Der Ort hat zehn Prozent mehr Einwohner als 1995, inzwischen wird das vierte Neubaugebiet in zehn Jahren für 30 neue Häuser erschlossen, und für ein Drittel der Plätze liegen schon konkrete Anfragen vor. Außerdem wird der Steinbruch ab August reaktiviert. Der Bruchzins füllt künftig die Gemeindekasse und drei Einwohner bekommen einen Job vor der Haustür.

"Die Vorkommen reichen für etwa 20 Jahre. Wir werden jedes Jahr etwa 250 000 Tonnen abbauen", sagt Gerd Schlangen von den Rheinischen Provinzial-Basalt- und Lavawerke. Ab August soll der Oberbettinger Steinbruch nach mehr als 20 Jahren Unterbrechung reaktiviert werden. In der Zwischenzeit hatten die Werke eine jährliche Pauschale von 25 000 Euro an die Gemeinde gezahlt, obwohl sie nur sehr geringe Mengen abbauten und zur Weiterverarbeitung zum Birresborner Betrieb transportierte. Hintergrund ist die Aufrechterhaltung der Abbaurechte. Mit dem Neustart sind für Oberbettingen mehr Vor- als Nachteile verbunden, meint Ortsbürgermeister Hans-Jakob Meyer. Er rechnet künftig mit jährlichen Bruchzinseinnahmen von bis zu 60 000 Euro. Das füllt die Gemeindekasse ordentlich auf. Mit Mühe erzielte Oberbettingen bisher einen ausgeglichenen Haushalt. Doch das Geld lässt Meyer nicht übermütig werden: "Wir werden alles mit Maß und Ziel angehen, aber ein Dorf- und Vereinshaus wäre schon klasse." Oberbettingen habe ein "gutes Vereinsleben und das geht eben nicht alles zu Nulltarif". Das Interesse in der Bevölkerung an der Dorfpolitik dokumentiere auch die regelmäßig hohe Besucherzahl von 30 Zuhörern und mehr bei den Ratssitzungen. Deshalb setzt Meyer auch auf eine hohe Akzeptanz im Dorf für die Nachteile, beispielsweise mehr LKW-Verkehr. Gerd Schlangen rechnet vor, dass pro Arbeitstag 1000 Tonnen abgebaut werden, die 40 LKW-Ladungen ausmacht. Je die Hälfte der Fuhren wird durch Oberbettingen abtransportiert, die andere Hälfte über Lissendorf. Die Basalt- und Lavawerke werden im Oberbettinger Steinbruch zwei bis drei neue Arbeitsplätze schaffen. Die Option des Vertrags, bei gleicher Qualifikation Mitarbeiter aus Oberbettingen einzustellen, kommt Schlangen gerne nach. Er sagt: "Die ersten Bewerbungen liegen schon vor, und die sehen gut aus." Mit Ärger wegen Staub und Lärm rechnen weder der Betreiber noch der Gemeinderat. Der Staub soll mittels modernster Anlagen verringert und aufgefangen werden. "Und vom Lärm kriegt das Dorf nichts mit, weil der Berg Rudderbüsch zwischen Ort und Grube liegt und so alles abhält", meint Meyer. Die Attraktivität des Dorfs steigt stetig. Innerhalb von zwölf Jahren entsteht nun zum vierten Mal ein Neubaugebiet, weil die Kommune keinen Bauplatz mehr besitzt. Allerdings gibt es im Dorf noch etwa 25 freie Baustellen, die alle in Privatbesitz sind. "Oben an der Steinkaul" heißt das 30 Baustellen große neue Areal in Richtung Basberg. Bis Ende Mai läuft die Bürgerbeteilung über die Offenlegung des Plans. Bis zu zehn konkrete Anfragen hat die Gemeinde schon auf dem Tisch liegen: "Es sind vor allem Senioren aus dem Köln-Bonner-Bereich, die die Bahnanbindung als ausschlaggebendes Argument angeben." Jedoch würden auch junge Bauherrn nicht schaden. Der demografische Wandel ist an Oberbettingen trotz steigender Einwohnerzahlen nicht vorbei gegangen. Vor zehn Jahren machte der Anteil der Über-60-Jährigen 23 Prozent aus, heute sind es schon 26 Prozent. Der Anteil der Kinder und Jugendliche sank von 22 auf 21 Prozent. 1995 lebten in Oberbettingen 678 Menschen, heute 745.

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