Damit Wehren schnell bleiben: Adieu Grenz-Denken

WITTLICH. Gemeindereform hin oder her: Die Feuerwehr im Land jedenfalls will sich an Verwaltungsgrenzen nicht mehr orientieren und ist ein Beispiel für ein Umdenken auch angesichts des Bevölkerungsrückgangs.

"Die politischen Grenzen sollen kein Hindernis mehr sein", sagt Peter Kohlei. Er ist Vertreter der Feuerwehrleute der Region Trier im Vorstand des Landesfeuerwehrverbandes und Mitglied des Arbeitskreises Feuerwehr im Innenministerium. Eine Novellierung des Landesbrand- und Katastrophen-Schutzgesetzes von 1991 im kommenden Jahr soll es möglich machen.In 50 Jahren 15000 Wehrmänner weniger

Liegt zum Beispiel die Wehr X in der Verbandsgemeinde Y, aber räumlich ganz nah an der Verbandsgemeinde Z, darf X dann in Z helfen. Früher war an der politischen Grenze der VG Schluss. Interkommunale Zusammenarbeit heißt das Zauberwort. Die Neudefinition der "Ausrückebereiche" kommt Menschen in Not zu Gute, denn die Einsatzgrundzeit von acht Minuten vom Notruf bis zur Hilfe vor Ort will man in jedem Fall aufrecht erhalten. Hintergrund: Der Bevölkerungsrückgang ist auch für die Feuerwehr ein Problem, dem man sich mit neuen Strukturen stellen will. Peter Kohlei: "Wir haben im Land 60 000 ehrenamtliche Wehrmänner. Im Jahr 2050 werden es 15 000 weniger sein." Einher mit den neuen Ausrückebereichen soll das Additionsprinzip gelten, das es möglich macht, kleinere Wehren zu einer schlagkräftigen Einheit zusammen zu fassen.Ausrüstung vom Nachbarn

"Wenn es früher hieß: ‚Das ist unser Feuer‘, wird man mit weniger Mann in Zukunft froh sein, wenn man seine Tagesalarmbereitschaft hin bekommt. Wir werden zwar unter allen Umständen versuchen, die Ortswehren mit ihrer Identität und Tradition zu erhalten, aber Kooperationen helfen, die Einsatzgrundzeiten zu sichern und auch Geld zu sparen", sagt Kohlei. Die Gemeinden sind beispielsweise in Risikoklassen eingestuft, die regeln, welche Fahrzeuge und welches Gerät vorgehalten werden muss. Wenn in einer kleinen Gemeinde nun ein Industriepark entsteht, oder wie im Fall des A 60-Teilstücks eine neue Autobahn, gibt es eine neue Risikoeinstufung. In Zukunft muss dann zum Beispiel nicht eine Drehleiter oder ein größeres Löschfahrzeug angeschafft und eventuell auch ein neues größeres Feuerwehrgerätehaus gebaut werden, wenn die Nachbargemeinde die erforderliche Ausrüstung hat. Das soll die Neudefinition des Ausrückbereiches möglich machen, was in der Praxis auch schon funktioniert. Generell sollen die Kommunen bei der Gefahren-Abwehrplanung mehr Freiräume erhalten. Die Reform sei kein Eingriff in kommunale Selbstverwaltung. "Es wird nichts mit Gewalt durchgesetzt. Aber man kann Wehren klar machen, wenn an kleineren Orten mit Feuerwehrangehörigen als Berufspendlern der Standort eine Tagesalarmsicherheit nicht hergibt, dass es keinen Sinn macht, dort ein Fahrzeug vorzuhalten. Zusammengefügt geht das. Und das ist wiederum für die Jugend, die an Technik interessiert ist ein Anreiz", so Kohlei."Früher gab es mehr Personal"

Auch sei man dabei, die Fahrzeuggröße auf die Zukunft zuzuschneiden. "Die nächste Generation wird kleiner. Zum Beispiel mit sechs statt neun Leuten als Besatzung in der Staffelkabine", sagt Kohlei: "Früher hat man einfach mehr Personal gehabt." Übrigens sollen Jugendliche statt bisher erst mit zwölf bald schon mit zehn Jahren bei der Feuerwehr Fuß fassen können. Zum Stichwort Bürokratie sagt Peter Kohlei: "Was die Vorschriftenflut angeht, ist die EU ein Problem. Der EU-Führerschein zum Beispiel. Früher durfte man mit dem Auto-Führerschein bis 7,5 Tonnen fahren, jetzt sind es nur 3,5 Tonnen. Oder die Helme: Unsere Aluhelme dürfen wir nicht mehr benutzen. Die EU-Norm schreibt Kunststoff vor. Die neuen Helme, anders als die haltbaren alten, müssen wir alle zehn Jahre entsorgen. Und hält man ein Feuerzeug dran, brennen die." Peter Kohlei führt weiter aus: "Wenn der europäische Normenausschuss tagt, wissen die Franzosen und Engländer zum Beispiel, was sie wollen. Unter den deutschen Vertretern kann es sein, dass es 16 verschiedene Meinungen gibt. Das ist Föderalismus."

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