Der amerikanische Patient

GEROLSTEIN. (es) Der 80 Jahre alte amerikanische Kriegsveteran Murray Schwartz und seine Frau Penny aus Mechernic Falls (US-Bundesstaat Maine) besuchten Gerolstein. Grund war Schwartz' Freundschaft mit Klara Eis, die er 1944 als verwundeter Kriegsgefangener kennen lernte.

Wenige Tage vor Weihnachten 1944 war der junge Soldat Murray Schwartz während der deutschen Ardennenoffensive in Schaumburg bei St. Vith am Arm verwundet worden und in deutsche Gefangenschaft geraten. In Schaumburg wurde er in einem notdürftig eingerichteten Operationsraum von deutschen Ärzten behandelt. Ein Mediziner nahm ihm seine Erkennungsmarke ab, auf der zu erkennen war, dass der Soldat jüdischen Glaubens war und hängte ihm statt dessen ein Krankenblatt um den Hals. Von Schaumburg kam Murray Schwartz über Prüm nach Gerolstein, wo in der St. Josef-Schule ein Verbandsplatz eingerichtet war und wo bereits deutsche Verwundete lagen. Der Amerikaner lag damals nur mit einer Decke versorgt auf dem Fußboden und fror erbärmlich. Eine junge Helferin des Roten Kreuzes nahm sich seiner an und besorgte ihm eine zweite Decke. Die freundliche Helferin hieß Klara Mertes. Sie sprach Englisch und konnte sich mit Murray Schwartz verständigen. Als an Heiligabend 1944 175 Tonnen Bomben auf Gerolstein niedergingen, bekam auch die St. Josef-Schule einen Treffer ab. Die Überlebenden wurden im damaligen Kinosaal untergebracht. Zusammen mit 57 anderen Gefangenen ging Murray Schwartz danach zu Fuß, ausgestattet mit einem halben Laib Brot und einer Dose Pferdefleisch, über Dockweiler, Welling, Mechernich, Koblenz, Montabaur zum Gefangenencamp zwischen Limburg und Diez. In Welling wollten Nonnen den Gefangenen Kartoffeln reichen, wurden jedoch vom Begleitpersonal daran gehindert. Daran erinnerte sich Murray Schwartz nach seiner Rückkehr in die USA. Deshalb veranlasste er die Hilfsorganisation Care, dem Priester von Welling 52 Care-Pakete zu übersenden. Damals suchte Murray Schwartz auch die junge Rot-Kreuz-Helferin, die inzwischen verheiratet war und nun Klara Eis hieß.Briefkontakt begann nach dem Krieg

1947 nahm er Briefkontakt zu ihr auf. 1973 kam er zum ersten Mal mit seiner Frau nach Europa. Er fuhr durch das ehemalige Kampfgebiet und nach Gerolstein, wo er Clara Eis wiedersah, die ihn damals so freundlich betreut hatte. So entstand eine freundschaftliche Verbindung zwischen Klara Eis. Inzwischen war auch Klara Eis einige Male auf Einladung von Murray Schwartz in dessen Heimat Mechernic Falls zu Besuch. Weihnachten 1994 - mehr als 50 Jahre nach Ende des Kriegs - kam er wieder nach Europa und fuhr mit seinem Auto alle Stationen von Schaumburg über Prüm nach Gerolstein bis hin nach Limburg ab. In diesem Jahr traf er Klara Eis, die inzwischen 90 Jahre alt ist, im Gerolsteiner Krankenhaus. Das Ehepaar Herzog aus Gerolstein begleitete das amerikanische Ehepaar noch einmal zu allen Stationen von damals. Der Priester in Welling ist inzwischen gestorben. Aber ein damaliger Ministrant erinnerte sich noch gut an die Care-Pakete.

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