Die Bürger haben (nochmal) die Wahl

Hallschlag · Hallschlag wählt am Sonntag nicht nur einen neuen Bundestag: Ortsbürgermeister Dirk Weicker hat auch einen erneuten Bürgerentscheid zur Kommunalreform angestoßen - und seine Meinung geändert.

 Eins steht fest: Mindestens bis zur Kreisreform wird sicherlich Vulkaneifel auf den Hallschlager Ortsschildern stehen. Ob die Obere Kyll dann schon zu einer neuen Verbandsgemeinde gehört, weiß aber niemand. TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

Eins steht fest: Mindestens bis zur Kreisreform wird sicherlich Vulkaneifel auf den Hallschlager Ortsschildern stehen. Ob die Obere Kyll dann schon zu einer neuen Verbandsgemeinde gehört, weiß aber niemand. TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

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Hallschlag Die Abstimmungsfrage ist denkbar einfach, kann aber irritieren: "Sind Sie für eine Fusion der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll mit der Verbandsgemeinde Prüm?" Ist die Diskussion rund um einen Zusammenschluss mit den Kreisnachbarn nicht vom Tisch, seitdem das Land die Verbandsgemeinden Obere Kyll, Gerolstein und Hillesheim darum gebeten hat, noch einmal über eine kreisinterne Lösung zu verhandeln? "Genau das ist das Problem", sagt Hallschlags Ortsbürgermeister Dirk Weicker. Die Rahmenbedingungen hätten sich geändert und damit auch ganz langsam seine Haltung zum Thema. Um seine neue Sicht vorzustellen, aber auch um den Grund für die zweite Abstimmung zum selben Thema zu erklären, lud der Gemeinderat jüngst zu einer Bürgerversammlung ein.
"Beim letzten Entscheid 2013 stimmten 68,2 Prozent der Hallschlager ab. Sie sprachen sich zu 86,5 Prozent für eine Fusion mit Prüm aus. Warum bitten wir erneut an die Urnen? Ganz einfach: Rechtlich ist so ein Entscheid drei Jahre bindend. Ich gehe fest davon aus, dass eine Lösung mit Prüm zumindest in den nächsten vier Jahren politisch aus Mainz nicht mehr gewollt und möglich ist", sagt Weicker. Die Gespräche mit den Verhandlungspartnern aus Gerolstein und Hillesheim seien nun angelaufen, im Oktober wolle das Land eine Entscheidung haben. "Wenn ich dann mit dem Rat für eine kreisinterne Lösung stimme, würde ich mich gegen den Bürgerwillen stellen, dann würde mir zu recht der Kopf abgerissen."
Allerdings,Weicker betont dies mehrfach ausdrücklich, habe er auch seine Haltung geändert. "Ich war für Prüm, sehe hier für die nahe Zukunft aber keine Perspektiven mehr. Mindestens die nächsten vier Jahre ist die Sache vom Tisch", sagt Weicker. Die Bedingungen einer kreisinternen Fusion seien heute aber auch deutlich besser.
Weickers Argumente kurz zusammengefasst: Mit einer vier Millionen starken Hochzeitsprämie vom Land, einer Zusage aus Hillesheim und Gerolstein, diese für die Tilgung der aktuell etwa 11 Millionen betragenden Schulden der Oberen Kyll zu nutzen, und neu berechneten zu erwartenden Umlagen spare Hallschlag im Jahr bis zu 20 000 Euro. "Ohne freiwillige Fusion wiederum entscheidet Mainz und steckt uns wahrscheinlich ohne Prämien mit Hillesheim zusammen. Was bliebe uns? Nichts. Dann entscheide ich doch lieber selber, wie eine Fusion aussehen sollte", sagt Weicker, merkt aber auch an, dass seine Ratskollegen das ganz anders sehen.
"Alles, was an Zahlen kursiert, ist reine Spekulation. Mainz macht eh mit uns, was es will", zürnt Ratsherr Tim Bützer. Er habe jedes Vertrauen verloren: "Uns wird ständig was versprochen und dann nicht erbracht. Auch zu den in Aussicht gestellten vier Millionen Euro gibt es nichts Schriftliches. Wir sind nun mal Prümer Land, und da nichts sicher ist, bin ich für ein Ja. Wenn es jetzt nichts wird, dann eben in vier Jahren."
Auch Ratsmitglied Oswald Hoffman spricht sich für ein Ja aus: "Votieren wir gegen Prüm, hat sich das Thema auf ewig erledigt. Es glaubt doch niemand ernsthaft daran, dass wir je wieder wechseln könnten, nachdem wir mit Hillesheim und Gerolstein zusammengegangen sind - kommende Kreisreform hin oder her." Hans-Jürgen Breuer, Weickers Amtsvorgänger, ergänzt: "Wenn wir gezwungen werden, dann können wir später, zum Beispiel bei der Kreisreform, sagen, dass wir gern rüber wollen. Wenn wir uns aber nun freiwillig hingeben, kommen wir nie wieder weg."
Weicker räumt ein, dass ihm die emotionalen Aspekte nur wenig sagen: "Ich bin zugezogen, für mich zählt erst mal das, was auf dem Papier rumkommt." Dass der Rat eine ihm genau entgegengesetzte Haltung verfolgt, sei kein Problem. "Das ist doch zutiefst demokratisch. Genauso wie die kommende Bürgerbeteiligung."

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