"Die Forderung nach Nachtschwestern ist doch bekloppt"

MÜRLENBACH. Große Aufregung unter den Bewohnern und deren Angehörigen, den Mitarbeiterinnen sowie der Dorfbevölkerung herrscht nach der Entscheidung, das Don-Bosco-Altenheim in Mürlenbach im Sommer 2005 zu schließen. Vorausgegangen war eine 54 Punkte umfassende Mängelliste von Heimaufsicht und Medizinischem Dienst.

"Wenn ich mir was wünschen dürfte, dann, dass alles natürlich auslaufen dürfte", sagt Oberin Marie Dominika. Für die 66-jährige Nonne und ihre fünf Mitschwestern ist Ende Mai eine Welt zusammen gebrochen. Mit der Entscheidung, das Altenheim im Sommer 2005 zu schließen, werden sie um ihr Lebenswerk gebracht. Seit 63 Jahren führen die Schwestern der Heiligen Elisabeth das Haus mit derzeit 21 Bewohnern. Zwei Neuaufnahmen wurden bereits abgewiesen.Ärzte geben Rückendeckung

Drei Ärzte aus der Region geben der Oberin Rückendeckung. Dr. Daniela Peters aus Birresborn sagt: "Die Bewohner werden alle top gepflegt. So gut ist es in keinem anderen Heim in der Region." Dr. Reimund Lenz aus Pelm pflichtet ihr bei und meint: "Die Leute wollen kein modernes Schicki-Micki, sondern fürsorgliche Betreuung. Die rasche Schließung wäre bürokratischer Quatsch." Die vom medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) und der Heimaufsicht geforderten Pflegedokumentationen kommentiert der Arzt so: "Hier wird kein Haken auf einen Plan gemacht, wenn ein Bewohner alle zwei Stunden was zu trinken bekommt, sondern hier wird es einfach getan. In anderen Häusern bleibt es aber beim Haken, weil die Zeit fehlt." Dr. Peter Peters vermutet: "Hinter dieser Entscheidung steckt systematisches Mobbing, weil auf einmal von Schließung die Rede ist." Die Heimaufsicht und der MDK hatten eine Liste mit 54 Kritikpunkten aufgestellt: Die reicht von fehlenden Hinweisschildern über zu erneuerndes Inventar bis hin zum geforderten Umbau des Hauses und einer Personalaufstockung. Bernhard Kläs, AOK-Chef in Daun, meint dazu: "Mehr als die Hälfte der Punkte lässt sich in kürzester Zeit ohne hohe Investitionen aufheben. Natürlich nicht die baulichen Sachen." Oberin Dominika sagt: "Der unter anderem geforderte Niveau-Ausgleich, nämlich das Aufheben der Treppen, lässt sich weder räumlich noch finanziell realisieren." Niemand der betroffenen Bewohner oder deren Angehörigen dementiert, dass das Gebäude verbesserungswürdig ist. Und daher fordert auch niemand eine unbefristete Betriebserlaubnis, sondern eine längerfristige Übergangslösung. Allen voran die Mürlenbacher Nonnen, die tun, was sie können: An den Pflegedokumentationen arbeiten die Angestellten seit Wochen, geforderte Hinweisschilder zum Aufzug wurden angebracht, eine "mehrere Tausend Euro teure Waage für Bettlägrige" angeschafft. Die ebenfalls geforderte Anstellung zweier Nachtschwestern bezeichnet Dr. Peter Peters als "Witz, weil die Nonnen im Haus leben und rund um die Uhr da sind". Auch die Angehörigen sind entrüstet, verängstigt und verärgert zugleich. Etwa Edgar Weis, dessen 83-jährige Tante im Mürlenbacher Altenheim ist. Er sagt: "Die Forderung nach Nachtschwestern ist doch bekloppt. Ein Umzug könnte für meine bettlägrige Tante tragische Konsequenzen haben." Ebenso wie Weis bescheinigt auch Karin Kleiss aus Stadtkyll, deren demenzkranke Mutter in Mürlenbach gepflegt wird, dem Haus "extra gute Pflege in familiärer Umgebung". Die Schließung wurde Ende Mai beschlossen ohne Bewohner, Angehörige oder die behandelnden Ärzte zu hören. Der TV fragte die Verantwortlichen: "Welche Chance hat die Menschlichkeit? Welche Chance gibt es für eine längerfristige Übergangslösung?" Heimaufsicht und MDK verweisen auf die Vorschriften. Außerdem schiebt die Heimaufsicht die Verantwortung auf den Orden mit Hauptsitz in Luxemburg: Drei Tage nach dem entscheidenden Krisengespräch in Trier habe der Orden "nach Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte beschlossen, dass Heim zu schließen". Diese Entscheidung möchte man nicht kommentieren. Dr. Thomas Schneider, MDK-Sprecher, erklärt: "Die Heimaufsicht und die AOK sind zuständig." Bernhard Kläs, AOK-Chef in Daun, sagt: "Von unserer Seite war zu keiner Zeit die Rede von Schließung. Wir waren für eine großzügige Lösung."Kreis plädiert für längerfristige Lösung

Auch die Kreisverwaltung Daun "würde es begrüßen, wenn eine längerfristige Lösung zwischen gefunden werden könnte". Die Generaloberin, Schwester Cordula Streff, beruft sich auf die Unrentabilität der geforderten Umbauten, das hohe Alter der Nonnen in Mürlenbach und die Nachwuchssorgen. Mittlerweile ist auch der Mürlenbacher Ortsgemeinderat aktiv geworden. Ratsmitglied Elmar Irsfeld kündigte an: "Wir werden eine Unterschriftenaktion organisieren."Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Mailen Sie uns Ihr Thema an thema@volksfreund.de. Wir bringen es voran. bl/hel

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