Die Gemüseland-Gegner gründen Initiative

Mehren · Die Kritiker des Baus eines großen Gewächshauses in Mehren organisieren sich. Für nächsten Montag ist die Gründung einer Bürgerinitiative geplant. Ortsbürgermeister Erwin Umbach sieht das gelassen. Er geht davon aus, dass die Mehrheit für das Projekt ist.

 Das Biomassekraftwerk im Mehrener Gewerbegebiet produziert überschüssige Wärme. Sie soll künftig für die Tomatenproduktion genutzt werden. TV-Foto: Stephan Sartoris

Das Biomassekraftwerk im Mehrener Gewerbegebiet produziert überschüssige Wärme. Sie soll künftig für die Tomatenproduktion genutzt werden. TV-Foto: Stephan Sartoris

Mehren. Eine Tomatenproduktion in großem Stil in Mehren? Ein noch gewöhnungsbedürftiger Gedanke, aber in naher Zukunft könnten rote, knackig-frische Rispentomaten aus dem Gemüseland Vulkaneifel auf den Markt kommen. Das niederländische Unternehmen Jacobs will in einem etwa fünf Fußballfelder großen Gewächshaus Tomaten anbauen und mehr als sechs Millionen Euro investieren. Für den Standort in der Eifel hat sich die Gartenbau-Firma vor allem wegen des Autobahnanschlusses und wegen der Nähe zum Biomassekraftwerk des im Mehrener Gewerbegebiet ansässigen Holzunternehmens Tombers entschieden.Überschüssige Wärme nutzen


Die Anlage produziert überschüssige Wärme, die künftig für die Tomatenproduktion genutzt werden könnte. Ursprünglich wollte man so nah wie möglich ranrücken ans Kraftwerk, was aber nicht gelang, weil nicht alle benötigten Grundstücke zu bekommen waren.
Auf der Suche nach einem anderen Standort wurde man auf der anderen Seite der Autobahn fündig. Das Gelände liegt an der Bundesstraße 421. Um es nutzen zu können, müssten etwa sieben Hektar Wald gerodet werden, ein Umstand, der nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt."Gefahr fürs Naturschutzgebiet"


In einer Bürgerversammlung gab es bereits einige ablehnende Stimmen, nun soll eine Bürgerinitiative (BI) gegründet werden, um das Gewächshaus zu verhindern. Für die Tomatenfabrik solle auf einem Waldstück der Gemeinde, angrenzend an das Naturschutzgebiet (NSG) Mürmes, eine große Fläche Mischwald gerodet werden. "Unseres Erachtens besteht eine konkrete Gefahr für den Erhalt des NSG. Wir wollen diese Gefährdung verhindern und den Wald erhalten", nennen Stefan Bley, Karl-Wilhelm Koch und Angela Pilgram ihre Beweggründe, die "BI für Natur- und Landschaftsschutz" zu gründen. Auf der Tagesordnung des Treffens am kommenden Montag steht auch die Prüfung einer Initiierung eines Bürgerbegehrens. Damit, dass sich die Kritiker nun in einer BI organisieren, hat der Mehrener Ortsbürgermeister Erwin Umbach kein Problem: "Das ist ihr gutes Recht." Er ist überzeugt, dass die große Mehrheit der Mehrener das Projekt befürwortet. Ob der Gemeinderat von sich aus eine Bürgerbefragung initiiert, schließt Umbach nicht aus, "aber wenn überhaupt, dann zu einem Zeitpunkt, an dem alle Fakten vorliegen." Zunächst aber gelte es, die Ergebnisse der umfangreichen Planung mit zahlreichen Untersuchungen abzuwarten. "Es ist doch so vieles noch so vage, selbst der Standort ist ja noch nicht beschlossene Sache."
Die Ortsgruppe Daun des Naturschutzbunds (Nabu) sieht den Standort kritisch. "So gewöhnungsbedürftig Tomaten aus der Eifel auch sein mögen, gegen eine Anlage in einem Gewerbegebiet wäre nichts einzuwenden. Die sich abzeichnende Alternative jedoch macht einfach fassungslos: Wald soll für die Tomaten gerodet werden, und dies in bisher unbebauter Landschaft, zudem in unmittelbarer Nähe zum Mürmes, einem der bedeutendsten hiesigen Naturschutzgebiete." Es sei durchaus berechtigt, die Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds durch ein solches Vorhaben "in bisher nicht industriell genutzter Landschaft mit den Auswirkungen des derzeit heftig diskutierten Abbaus von Gestein" gleichzusetzen."Extra

Der TV hat die Leser aufgerufen, sich zum Gewächshaus-Vorhaben zu äußern - mit einem geteilten Echo. So meint Hartmut Beitzel aus Kelberg: "Bestimmt essen fast alle Mehrener Bürger Tomaten, aber diese sollen nach dem Willen einiger keinesfalls auf Gemeindegebiet angebaut werden. Das darf man als widersprüchliches Verhalten bezeichnen! Dabei hört sich das Konzept der Niederländer doch gut an und baulich wird wohl alles im Wald ,versteckt\\'. Überhaupt wird sich heute über (fast) alles aufgeregt. Der Bürger (mit neuem ,Demokratieverständnis\\'?) will unbedingt bei allem mitreden, gleichgültig, ob er alle Fakten und Auswirkungen kennt oder nicht. Es sind oft sehr vordergründige Standpunkte, die herhalten müssen. Der Beispiele gibt es viele, der TV ist ständig voll davon!" Ein Befürworter ist auch Reiner Gödert aus Spangdahlem. "Frische Tomaten, Arbeitsplätze vor Ort, Einnahmen für die Kommune. Nichts wie her damit. Aber da wird bestimmt wieder eine seltene Kerbtier-Mutation oder ein Spatzenhorst gefunden, um das Projekt zu verhindern", schreibt er. Anders sieht es Siegfried Horn aus Daun. "Ich appelliere sehr eindringlich an die Mehrener Bürger und den Ortsgemeinderat, nicht wegen der Möglichkeit einer kurzfristigen, vorübergehenden Geldquelle eine größere Waldfläche in der Nähe eines einmaligen Naturschutzgebietes in unserer Vulkaneifel zur Rodung und Bebauung freizugeben und damit den Weg frei zu machen für einen langfristigen, ökologischen Schaden. Ihre Nachfolgegeneration wird es Ihnen danken." sts

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