Durch diese grüne Gasse soll sie kommen

HILLESHEIM. Die Fragen sind vielfältig, die Entscheidung ist eindeutig: Bei zwei Enthaltungen hat sich der Hillesheimer Stadtrat in alter Besetzung in einer Sondersitzung nochmals für die ortsnahe Variante der Umgehungsstraße über den ehemaligen Bahndamm ausgesprochen. In der Bürgerschaft formiert sich Widerstand.

Ungewohntes Bild im Hillesheimer Rathaussaal: Rund 40 (!) Bürger nahmen an der öffentlichen Sondersitzung des Hillesheimer Stadtrats zum Thema Ortsumgehung teil. Doch sagen durften sie - obwohl mehrfach gefordert - nichts. Stadtbürgermeister Matthias Stein (CDU) hatte sich dafür entschieden, keine Einwohnerfragestunde anzuberaumen, "weil ich genau weiß, worauf das hinausläuft", entgegnete Stein der Bahndamm-Anwohnerin Monika Simon. Sie, die bereits in der Vergangenheit das Wort der Bahndamm-Anwohner geführt hatte, hatte während der Sitzung dem Stadtchef ein Protestschreiben überreicht, in dem eine Liste mit annähernd 500 Unterschriften von Bürgern gegen die ortsnahe Umgehung angekündigt wurde. Nach dem öffentlichen Teil der Sitzung verließen die Zuhörer den Saal und ließen noch im Rathaus Dampf ab. "Ich bin hochgradig wütend, dass wir hier nicht gehört wurden", sagte beispielsweise Theresia Scheuls, die in der Nähe des Bahndamms wohnt. Auch Ute Thull fand deutliche Worte: "Das ist zum Kotzen: Hier geht es um unsere Zukunft und unsere Existenz." Die Mitinhaberin eines Autohauses in der Kölner Straße befürchtet, dass durch eine ortsnahe Umgehung nicht nur die LKW, sondern auch die PKW und somit letztlich die Kunden aus der Stadt gezogen werden. In die gleiche Kerbe schlug Theo Valerius, Inhaber eines Reisebüros in der Aachener Straße und Vorstandsmitglied des Hillesheimer Gewerbevereins. "Das ist allerhand, dass das jetzt noch so schnell durchgezogen wird", spielte er auf die anstehende Umbesetzung des Stadtrats an. Das gleich Thema schnitt dessen Bruder Herbert Valerius an, der dem künftigen Stadtrat für die FWG angehören wird. Mit Blick auf den Beschluss zur Ortsumgehung und dem Wahlergebnis, das die Einparteien-Herrschaft im Rat beendete, meinte er: "Der Beschluss wäre zwar wahrscheinlich auch im zukünftigen Rat nicht gekippt worden, die Bürger haben aber eine andere Entscheidung getroffen." Dem Stadtbürgermeister hatte Theo Valerius schon zuvor eine Stellungnahme der Werbegemeinschaft zukommen lassen. In dem Schreiben spricht sich die Mehrzahl der Hillesheimer Gewerbetreibenden gegen die ortsnahe Variante über den ehemaligen Bahndamm und für eine Umgehung hinter der Schwedenschanze aus. "Diese Variante war in der Bürgerversammlung vor drei Jahren mal favorisiert worden, jetzt steht sie nicht mehr zur Diskussion." Karl-Josef Tölkes vom Landesbetrieb Straßen und Verkehr in Gerolstein hatte zuvor in der harmonisch verlaufenden Sitzung die Pläne nochmals erläutert, die Fragen der Ratsmitglieder beantwortet und dabei eben auch die Nachteile der Schwedenschanzen-Variante benannt. Er sagte: "Das Gebiet ist Wassergewinnungsgebiet. Die notwendigen, bis zehn Meter tiefen Einschnitte bergen die Gefahr einer Wasserkontamination." Neben vielen Detailfragen zum prognostizierten Verkehrsaufkommen, der vermeintlichen Lärmentwicklung, dem Planungsverfahren und vielem anderen beantwortete Tölkes auch grundsätzliche Fragen zur Ortsumgehung. So sagte er: "Chancen auf Realisierung haben die Varianten, die erstens billig und zweitens verkehrstechnisch günstig sind, also viele Fahrzeuge anziehen."Jede Variante hat Nachteile

Zudem hätten alle Varianten auch ihre Nachteile: So sei die ortsferne Trasse teuer, die mittlere bringe erhebliche Einschnitte mit sich, und die ortsnahe Variante bedeute für die Anwohner mehr Abgase und mehr Lärm. Und während Friedhelm Knie (CDU) meinte "In Zeiten knapper Kassen scheint die Entscheidung schon gefallen zu sein: Es kommt nur die billigste Variante in Frage", war auch für Stephan Hoffmann (CDU) klar, dass "wir wohl keine Chance auf eine ortsferne Variante haben, aber die Ortsumgehung unbedingt brauchen". Der Auffassung, dass bereits entschieden sei, widersprach LSV-Baurechtsexperte Manfred Nett und appellierte an Jedermann, seine Meinung und Vorstellung einzubringen. Zudem sagte er: "Das Votum der Stadt hat bei der Raumordnungsbehörde großes Gewicht."

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