Ein Ort voller Merkwürdigkeiten

Einen Geburtstag zu vergessen, kann äußerst peinlich sein. Diesmal müssen wir uns dessen nicht schämen, obgleich es ein besonderer Geburtstag war: Die Ortsgemeinde Jünkerath, geboren am 28. Februar 1930, feierte ihren 75. Andere Gemeinden bringen es locker auf 1200 und mehr Jahre.

Erste Besonderheit: In Jünkerath leben Menschen, die älter als ihre Gemeinde sind. Die zweite: Seit 1870/71 gab es hier einen Bahnhof, aber keinen Ort dazu. Da wurde es höchste Zeit, zu handeln. Laut Gesetzentwurf des Preußischen Landtages wurde 1930 den bestehenden alten Dörfern Glaadt, Feusdorf, Gönnersdorf und Schüller Land abgenommen und dieses zu einer neuen "Retorten"-Gemeinde verbacken: Jünkerath, ein Ort voller Merkwürdigkeiten - bis heute. Liegt dies daran, dass Jünkerath sich nicht, wie andere Dörfer, ganz natürlich und in längerer Zeit entwickeln konnte und dazu noch die Gene von mindestens vier verschiedenen Gründer-Vätern in sich trägt? Die Gene der gallo-römischen Erbauer des Etappenorts und Kastells Icorigium aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. werden verschwunden sein. Bauliche Reste dieser wichtigen Station auf der römischen Militär- und Handelsstraße Trier-Köln wurden in Jünkerath gefunden. Otto Friedrich, auch der "Napoleon der Oberen Kyll" genannt, hatte Ende des 20. Jahrhunderts das römische Gedankengut wieder aufgegriffen. Seine Militärstraße errichtete er in Richtung Kreisstadt Daun, er residierte auf seine (Gutsherren-)Art im Kastell der Verbandsgemeindeverwaltung, nicht ohne Erfolge für sein Land und seine Leute zu erzielen - oder Ärger! Überhaupt ist in Jünkerath manches anders: Dort behauptet man, Kölner Tageszeitungen zu lesen, wählt vergleichsweise häufig die SPD, und hält wohl wegen der erwarteten Kreisreform enge Verbindungen zum Nachbarkeis Bitburg-Prüm und zum Nachbarland Nordrhein-Westfalen. Jünkerath ist zwar nicht der schönste, dafür aber der jüngste Ort im Kreis. Auch das kann und sollte gefeiert werden. Der 75. Geburtstag fiel für Jünkerather Verhältnisse aber dann doch etwas zu ruhig aus, meint

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